AL13CR36      

AS (2013) CR 36
Provisorische Ausgabe

 

 

SITZUNGSPERIODE 2013

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(4. Teil)

BERICHT

36. SITZUNG

Freitag, 04. Oktober 2013, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13292)

Herr Präsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Dieser Bericht greift ein Problem unserer Gesellschaft auf, dessen man sich oft erst dann so recht bewusst wird, wenn man als älterer Mensch selbst davon betroffen wird.

Auch in meiner Fraktion würdigt man diesen Bericht von Kollegin Gafarova sehr positiv. Wir stehen weitgehend hinter ihrem Bericht und den darin aufgezeigten Maßnahmen, wie dieser Altersdiskriminierung vorgebeugt und entgegengewirkt werden kann.

Der Bericht ist kurz und knapp; umso besser, dass er in der Papierflut, die auch im Europarat grassiert, auch gelesen wird.

Jedenfalls täten wir gut, in unseren Heimatparlamenten unsere nationale Gesetzgebung gründlich danach zu durchforsten, wo überall wir noch Lösungen finden könnten, um den zunehmenden Schwierigkeiten der älteren Bevölkerung auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken zu können.

Das fängt schon im eigenen Staatsbetrieb an, wo gegen den Willen der direkt Betroffenen immer häufiger zu Frühpensionierung gegriffen wird, anstatt die Arbeitszeit zu verlängern. Als klassisches Beispiel denke ich etwa an den diplomatischen und konsularischen Dienst.

Ein wichtiges Element, bei dem ebenfalls Handlungsbedarf besteht, scheint mir im vorliegenden Bericht allerdings übersehen worden zu sein: die Mobilität älterer Leute, und zwar grundsätzlich, sowie auch insbesondere auf dem Weg zur Arbeit und zurück.

Wenn der Arbeitsplatz leicht durch öffentliche Verkehrsmittel erreichbar ist, besteht kein Problem. Ist man aber auf das Auto angewiesen, dann stoßen Senioren zunehmend auf staatlich-administrative Schikanen. Stichwort: Verfall des Führerscheins von Alters wegen, hohe Hürden für die Verlängerung etc.

Da bestehen von Land zu Land große Unterschiede, die gar den Charakter von Altersdiskriminierung annehmen können.

Deshalb habe ich den Zusatzantrag Nr. 6 eingereicht, mit dem Appell an die zuständigen Straßenverkehrsbehörden, bei der Verlängerung des Führerausweises Vernunft walten zu lassen. Verkehrssicherheit in Ehren, aber nicht einseitig auf Kosten der Senioren.

Dies ist zwar nur eine Einzelmaßnahme, aber sie scheint mir wichtig genug, um in diesem Kontext erwähnt zu werden, denn man kann nicht genug tun, um der Diskriminierung älterer Menschen ganz generell den Kampf anzusagen.

Der Arbeitsmarkt ist ein besonders wichtiges Element darin, denn Arbeit bedeutet gleichzeitig auch Einkommen und Lebensinhalt. Wer selbst über das ordentliche Rentenalter hinaus weiter arbeiten will, der soll es können, zumindest auf Teilzeitbasis.

Ich sage das als jemand, der selbst der Rentner-Generation angehört und jüngst an einem Klassentreffen seiner Grundschulklasse teilgenommen hat. Vier von uns 28 stehen noch im Berufsleben, und mancher der 24 anderen flüsterte mir ins Ohr: „Hast Du es gut, dass Du noch arbeiten kannst!“

Ich hoffe, der vorliegende Bericht wird seinen Beitrag dazu leisten, dass künftig möglichst viele ältere Menschen sagen dürfen: „Gottlob werden wir auf dem Arbeitsmarkt zumindest nicht mehr diskriminiert!“

Elisabeth SCHNEIDER-SCHNEITER, Schweiz, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 13292)

 

Herr Präsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Besten Dank für diesen wichtigen Bericht.

Der demografische Wandel wird in den kommenden Jahrzehnten eine der größten Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft darstellen.

In der Schweiz werden wir beispielsweise immer weniger Menschen. Nur die Nettoeinwanderung kompensiert die sinkende Bevölkerungszahl, welche aufgrund der niedrigen Geburtenzahlen trotz der kontinuierlich steigenden Lebenserwartung zu verzeichnen ist.

Immer mehr Menschen in der Schweiz leben allein, viele junge Menschen drängt es vom Land in die Städte, die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, der Wirtschaft fehlen die nötigen Arbeitskräfte.

Dabei werden wir immer älter: Die Anzahl der Rentnerinnen und Rentner wird sich in meinem Land im Verhältnis zu den Erwerbstätigen bis 2050 verdoppeln. Dies stellt nicht nur die finanzielle Sicherung der Sozialwerke und das Gesundheitswesen vor riesige Herausforderungen, sondern führt auch zu tiefgreifenden Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt.

Umso alarmierender ist die Tatsache, dass heute zahlreiche betriebliche und sozialpolitische Regelungen bestehen, welche die Erwerbstätigkeit von älteren Menschen immer unattraktiver machen. Nicht zuletzt aufgrund des wirtschaftlichen Drucks der Unternehmen werden Arbeitsprozesse immer mehr einem massiven Effizienz- und Qualitätsdruck ausgesetzt. Fälschlicherweise wird dabei oft Alter mit Ineffizienz gleichgesetzt.

Dabei leuchtet ein, dass der Verlust erfahrener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Qualität der Arbeit, deren Abläufe und auch das Arbeitsklima nachteilig beeinflusst und zu einem nicht zu unterschätzenden Know-how-Verlust führt. Das können wir uns nicht leisten: Die Produktivität und die Wertschöpfung unserer Volkswirtschaft kann in Zukunft nur unter vollwertiger Einbeziehung der älteren Menschen gesichert werden.

Zudem basiert unsere Altersvorsorge weitgehend auf dem Faktor Arbeit. Soziale Sicherheit kann somit nur gewährleistet werden, wenn genügend Erwerbsarbeit geleistet wird. Obwohl die Schweiz im internationalen Vergleich gut dasteht, muss die Partizipation der älteren Arbeitnehmer auch bei uns erhöht werden.

Wir verlangen von unserer Regierung eine Strategie, um diesen demografischen Herausforderungen in den nächsten Jahrzehnten gewachsen zu sein und den Generationenvertrag auch langfristig zu sichern. Wir wollen ein Miteinander der Generationen, sei es im Arbeitsmarkt, der Gesellschaft oder der Politik.

In unserem Land fordern wir bereits seit Jahren ein Umdenken: Notwendig sind gezielte Maßnahmen für ältere und langjährige Mitarbeiter. Es müssen Anreize geschaffen werden, um ältere Arbeitnehmer länger im Berufsleben zu halten. Die Arbeitsmarktfähigkeit wird z.B. durch gezielte Weiterbildung erhöht. Ich freue mich deshalb sehr, dass unser Parlament in der letzten Session ein Weiterbildungsgesetz verabschiedet hat, welches das lebenslange Lernen steuerlich massiv begünstigt.

Andererseits sind alle Regelungen im Bereich der Sozialversicherungen zu ändern, die ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt benachteiligen. Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen für „best agers“! Dabei sollen Unternehmen unterstützt werden, damit Erfahrung als Kompetenz besser in Funktionsbewertungssystemen verankert werden kann, damit die kontinuierliche Weiterbildung bis zum Altersrücktritt gewährleistet wird und flexible Arbeitsformen für ältere Arbeitnehmer eingeführt werden können.

Modelle mit Teilrückzügen oder gleitendem Rückzug aus dem Erwerbsleben sind sowohl für das Unternehmen als auch für den Arbeitnehmer ein Gewinn. Wir haben in unserem Land den Kampf gegen die Diskriminierung der älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt angetreten und ich wünsche mir, dass Sie das in Ihren Ländern ebenso tun.

Besten Dank.

Gisela WURM, Österreich, SOC

(Dok. 13292)

Danke, Herr Präsident!

Mit diesem Bericht hat Frau Gafarova ein sehr wichtiges Problem angesprochen, das alle Mitgliedsländer auf unserem Kontinent betrifft.

Die Diskriminierung im Alter – ich spreche bewusst nicht von „Überalterung der Gesellschaft“, weil dieser Begriff an sich schon eine Diskriminierung ist – wird uns in den nächsten Jahrzehnten, ja sogar bereits in den nächsten Jahren mehr als beschäftigen.

Europa ist der Kontinent, der in den nächsten 50 Jahren mit einem negativen Bevölkerungswachstum zu rechnen hat. Europa ist auch der Kontinent, auf dem – Gott sei Dank! – die Lebenserwartung steigt, die Menschen andererseits aber oft schon ab 50 zum alten Eisen gezählt werden, wobei Frauen noch stärker betroffen sind als Männer.

Darum müssen Anreize geschaffen werden, damit die Menschen länger im Arbeitsprozess verbleiben können. Einerseits sind das Maßnahmen, die es den Arbeitgebern erleichtern, ältere Arbeitnehmer einzustellen (z.B. Sozialversicherungserleichterungen), andererseits aber auch Maßnahmen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie lange gesund im Arbeitsprozess bleiben können. Das Stichwort ist also Arbeitsmarktpolitik.

Frau Gafarova hat in ihrem Bericht wichtige Maßnahmen und Projekte genannt, die Regierungen umsetzen können, um einen Bewusstseinswandel dahingehend herbeizuführen, dass man mit einem bestimmten Alter noch nicht zum alten Eisen gezählt wird.

Daher bitte ich um Unterstützung für diesen wichtigen Bericht, der dieses zentrale Problem unserer Gesellschaft anspricht. Er ist es mehr als wert.

Herzlichen Dank.

Amendments zu Dok. 13292 :

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13292, Amendment 6)

Herr Präsident!

Ich habe schon in meinem Votum angesprochen, dass ein Arbeitsplatz, den man nur sehr umständlich erreichen kann, nicht das ist, was wir unseren Mitmenschen wünschen, schon gar nicht den älteren, die auf ein privates Fahrzeug angewiesen sind.

Gerade hier, wenn es um die Verlängerung des Führerscheins aufgrund des Alters geht, sehe ich zusätzlichen Handlungsbedarf. Der Staat soll und darf für Senioren nicht unnötige Schikanen einrichten, die mit der Verkehrssicherheit nichts mehr zu tun haben.

Das strebt mein Zusatzantrag an: Keine Diskriminierung für Senioren bei der Verlängerung des Führerscheins und damit beim Weg zu ihrer Arbeit!

Ich bitte Sie um Zustimmung.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Berichtigung zur Dringlichkeitsdebatte: Die Lage in Syrien, Dok. 13320, 34. Sitzung)

Herr Präsident!

Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss etwas richtigstellen. Wenn man frei spricht, hat man ein gewisses Risiko, was das Protokoll betrifft. Aber das Protokoll zur Syrien-Debatte enthält einen schweren Fehler, den ich als Vorsitzender der Union für das Mittelmeer nicht so stehen lassen kann. Darin steht, es gebe 50 000 armenisch-christliche-chaldäische Flüchtlinge in Syrien.

Ich habe gestern davon gesprochen, dass sich nur in den von Kurden, Armeniern, Christen und Chaldäern kontrollierten Gebieten 850 000 Flüchtlinge aufhalten, ohne internationale Hilfe. Hier steht 50 000.

Ich muss darum bitten, diese Zahl zu berichtigen, da es sonst Rufschädigung wäre.

Ich bedanke mich für Ihr Verständnis.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 13236)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte auch ich dem Berichterstatter, Jordi Xuclà, auch im Namen der ALDE-Fraktion sehr herzlich danken. Sein Bericht zeigt unsere Kernaufgabe in dieser Versammlung auf, nämlich die Stärkung jener Institutionen, an die sich die Bürger im Falle von Menschenrechtsverletzungen wenden können.

Mit diesem Bericht können wir die Regierungen in unseren Mitgliedsländern fragen, ob auch wirklich alles getan wird, um die Ombudsmann-Institutionen zu stärken.

Der Berichterstatter hat natürlich recht: Das einzig richtige Modell für die Ombudsmann-Institution existiert nicht. Diese Institutionen sind unterschiedlich gewachsen, was mit der Geschichte und Verfasstheit der Staaten zusammenhängt.

Bei meinen Reisen habe ich viele unterschiedliche Ombudsmann-Institutionen kennengelernt. Manche sind auf verschiedene Aufgaben spezialisiert (etwa Kinder- oder Behindertenrechte), und in föderalen Staaten gibt es mehr von ihnen. Solche Unterschiede sind in Ordnung; das Wichtige ist, dass es sich um echte, nicht um Scheininstitutionen handelt.

Denn ich habe auch Ombudsmänner erlebt, die an sich sehr engagiert waren, aus unterschiedlichen Gründen jedoch gar nicht richtig arbeiten konnten: Manche schlossen nur mit einer unverbindlichen Empfehlung ab, andere waren nicht wirklich unpolitisch oder unparteiisch, sondern von der Regierung eingestellt, um die Regierungsmeinung zu vertreten. Bei wieder anderen hatte man Material und Mittel so gering gehalten, dass der Ombudsmann unter der Arbeit zusammenbrach und sich nicht mehr um die jeweiligen Eingaben kümmern konnte.

Daher brauchen wir gut ausgestattete und unabhängige Ombudsmann-Institutionen mit einem breiten Mandat, die effizient arbeiten können. Es ist also sehr wichtig, dass wir bei uns in den Mitgliedsstaaten die Empfehlungen des Ministerkomitees und der Venedig-Kommission umsetzen, damit diese Kriterien erfüllt werden.

Zum Abschluss einige persönliche Worte: Meine Partei ist das erste Mal seit 1949 nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten. Damit ist dies - sehr unerwartet - meine letzte Sitzungswoche in dieser Parlamentarischen Versammlung.

Bei meiner Fraktion, der Fraktionschefin, Madame Brasseur, die mir immer ein Vorbild war, bei den Fraktionskollegen, den Ausschuss-Sekretariaten, die so gut mit mir zusammenarbeiteten, sowie bei den Kollegen in dieser Versammlung möchte ich mich nun sehr herzlich bedanken.

Ich habe hier viel gelernt, viele neue Freunde gefunden, und es war mir eine Ehre, für diese Versammlung für Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu arbeiten. Ich hoffe, dass Sie weiterhin mit Energie daran arbeiten, dass hier das wahre Herz Europas schlägt. Ich bin für jeden Tag dankbar, den ich hier sein durfte.