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AL (2014) CR 13
Provisorische Ausgabe

 

 

SITZUNGSPERIODE 2014

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(2. Teil)

BERICHT

13. Sitzung

Dienstag, 08. April 2014, 15.30 Uhr

Marieluise BECK, Deutschland, ALDE / ADLE

(Fragen zum Jahresbericht 2013 des Menschenrechtskommissars des Europarats, Nils UIŽNIEKS)

Schönen Dank, Herr Kommissar!

Auch ich möchte den Blick auf die Krim wenden. Human Rights Watch hat davon berichtet, dass zwei junge Männer, Menschenrechtsaktivisten, verschwanden, dann nach 11 Tagen wieder auftauchten und von starken Folterungen erzählten. Das geschah nach der Annexion der Krim durch Russland.

Und wissen Sie etwas über die Anwendung der hoch restriktiven NGO-Gesetzgebung, die jetzt auf die Krim übertragen werden soll?

 

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

(Dok. 13461)

Danke vielmals, Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen aus Kirgistan,

geschätzter Herr Mevlüt Ҫavuşoğlu, der frühere Rapporteur!

Zunächst möchte ich einiges klarstellen, denn es gibt hier offenbar viele Missverständnisse darüber, ob wir Kirgistan jetzt eine Mitgliedsperspektive geben und warum wir in Zentralasien zugange sind.

2009/2010 haben wir für jene Länder in unserer Umgebung, die sich bemühen, ihre Demokratien zu konsolidieren, den Partnerstatus gebildet. Diese Partnerschaft für Demokratie richtet sich an jene Länder, die nie Mitglieder des Europarats werden können, aber auch nicht einfach Beobachter sein wollen, wie Mexiko, Japan oder die USA.

Es geht also nicht um eine zukünftige Mitgliedschaft oder die Ausdehnung des Europarates nach Zentralasien! Wir wollen eben nicht eine kleine UNO werden. Deshalb haben wir die Mitgliedschaft beschränkt, sind aber im Interesse der Demokratie offen für die Möglichkeit, jene in unserer Umgebung, die sich auch für Demokratie engagieren möchten, zu unterstützen.

Bisher haben wir solche Partnerschaften im Süden gewährt, Kirgistan, das bereits vor vier Jahren einen Brief mit dem Antrag auf Partnerschaft an uns gerichtet hat, wäre nun der erste Partner für Demokratie im Osten.

Wir müssen uns bewusst werden, was das heißt: Die Kirgisen sind ein 2000 Jahre altes Volk mit türkischen, mongolischen und uigurischen Wurzeln. Kirgistan ist kein direktes Nachbarland von Russland, sondern durch Kasachstan von ihm getrennt. Es ist 4000 km und vier Flugstunden von uns entfernt.

Als wir in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats von den Bemühungen von Mevlüt Ҫavuşoğlu hörten, diese Partnerschaft in die Wege zu leiten, beschlossen wir, zuerst mehr über dieses Land zu erfahren. Daher sind alle Fraktionspräsidenten im Ad Hoc Committee letzten Herbst nach Kirgistan gereist und haben mit unseren Kollegen aus Kirgistan gesprochen.

Wir konnten feststellen, dass dies wirklich ein armes, kleines Volk ist, umgeben von autoritären Diktaturen – China, Tadschikistan, Kasachstan -, das unserer Hilfe und Unterstützung bedarf. Es ist sozusagen eine Perle mitten in der Wüste, denn die anderen Länder der Region wollen nichts mit Demokratie zu tun haben und lachen sogar über die Kirgisen in ihren Bemühungen.

Kirgistan ist auch deshalb besonders interessant, weil es 1991 zum ersten Mal unabhängig wurde. Seit 1876 war es Mitglied des russischen Reiches, genoss dort eine gewisse Autonomie und hat noch heute ein sehr positives, pragmatisches Verhältnis zu Russland. Von den Chinesen wollen die Kirgisen wirtschaftliche Beziehungen und Unterstützung, von den Russen wollen sie finanzielle Unterstützung zur Finanzierung der Wasserkraftwerke und Straßen, und von Europa möchten sie mehr über die Demokratie lernen.

In einer solchen Situation abzulehnen, wäre unverantwortlich, denn wir wollen ja keine Insel der Demokratie sein sondern haben ein Interesse daran, dass auch in unserer Umgebung die Demokratien konsolidiert werden.

Zudem hat Kirgistan seit 1991 schon zwei Revolutionen hinter sich gebracht, in denen oligarchische Familienstrukturen als Herrschaftsform überwunden wurden. Heute will das Volk nicht nur eine - immer noch sehr autoritäre - präsidiale Demokratie, sondern eine parlamentarische Demokratie, und zwar ohne die entsprechenden Traditionen und Kultur dafür zu besitzen.

Deshalb waren alle Fraktionsvorsitzenden einstimmig der Meinung, dass der Partnerschaftsstatus gewährt werden sollte. Auch der politische Ausschuss war fast einstimmig dafür. Nicht, weil dieser Status eine Auszeichnung für eine erfolgreiche Demokratie ist, sondern weil er dem Willen Ausdruck verleiht, miteinander besser zu werden. Auch ist Kirgistan gewillt, sich mit unserer Kritik konfrontieren zu lassen.

So war z.B. kürzlich das kirgisische Parlament versucht, ein Gesetz zu beschließen, durch das, wie in Russland, Homosexuelle diskriminiert worden wären. Wir erklärten, dass dies unserer Idee der Menschenrechte, der Nichtdiskriminierung und Demokratie widerspreche. Diese Kritik wurde akzeptiert. So können wir durch diesen Status in einen gemeinsamen Lernprozess kommen, der den Kirgisen hilft, ihren Weg für die Konsolidierung der parlamentarischen Demokratie zu gehen.

Daher möchte ich Sie bitten, diesen Antrag zu unterstützen. Solche Partnerschaften sind keine Auszeichnung, sondern eine Einladung zum gemeinsamen Arbeiten und sollten nicht nur im Süden ausgebaut werden, sondern auch im Osten. Man darf das nicht gegeneinander ausspielen.

Vielen Dank.

 

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13461)

Vielen Dank, Frau Präsidentin!

Ich möchte auch im Namen der Vereinigten Europäischen Linken dem Berichterstatter Andreas Gross und seinem Vorgänger, Mevlüt Ҫavuşoğlu, für den guten Bericht danken. Auch wir werden Bericht und Antrag unterstützen.

Ich persönlich war 2011 bei den Präsidentschaftswahl als Wahlbeobachter in Bischkek und Osch, wo kurz zuvor ethnische Spannungen zwischen Kirgisen und Usbeken stattgefunden hatten. 2013 habe ich bei der Reise der Fraktionspräsidenten nach Kirgistan meinen Fraktionsvorsitzenden vertreten.

Ich möchte noch einmal unterstreichen, was Andreas Gross zu Beginn gesagt hat. Die kirgisische Bevölkerung hat sich durch Revolten in Zentralasien, dieser  eher autoritär geprägten Region, eine Insel der gesellschaftlich gewollten parlamentarischen Demokratie erkämpft. Allein das sollte uns motivieren, diesem Antrag zuzustimmen.

Gerade bei unserem Aufenthalt im letzten November hatte ich den Eindruck, dass Kirgistan über eine sehr lebendige, aktive Zivilgesellschaft verfügt, die hoffen lässt, dass der mit dieser Partnerschaft verbundene Anspruch in die Realität umgesetzt werden kann.

Wir unterstützen diesen Antrag. Ich habe noch einige Änderungsanträge eingebracht, die seine Ausrichtung aber nicht grundlegend ändern.

Natürlich gibt es keine perfekte Demokratie; Demokratie ist immer ein Prozess. Auch möchte ich auf das Problem der Partizipation in Parteien hinweisen, das wir in vielen osteuropäischen Ländern haben: Die Unabhängigkeit der Parteien von Oligarchen und reichen Geschäftsleuten muss sichergestellt werden. Dazu muss eine Lösung dafür gefunden werden, wie sich die Parteien selbst finanzieren und Menschen an ihnen teilhaben können.

Die Probleme wurden angesprochen, aber es ist ganz klar, dass es in Anbetracht der Geschichte dieser Region immer noch eine ganze Reihe von Problemen gibt. Ich denke aber, dass wir diese Probleme in der Partnerschaft gemeinsam angehen können.

Ich möchte auch noch einmal unterstreichen, dass diese Partnerschaft keine Auszeichnung ist, sondern der Beginn einer Zusammenarbeit, die ich mir sehr wünschen würde.

Vielen Dank.

 

Amendments zu Dok. 13461:

 

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13461, Amendment 4)

Hier geht es im Grunde um dasselbe Thema – den Kampf gegen die Diskriminierung von LGTB-Personen. Ich hatte noch LGTBIQ hineingebracht, aber ich glaube, LGTB ist verständlich, darauf haben wir uns schon geeinigt. Es wird gleich noch einen Unteränderungsantrag geben, den ich auch annehme.

 

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

(Dok. 13461, Subamendment 1)

Normalerweise heißt IQ Intelligenzquotient, was hier nicht der Fall sein kann. Ich glaube nicht, dass man dumm ist, wenn man nicht versteht, was hier gemeint ist. Deshalb sollten wir bei den Abkürzungen bleiben, die alle verstehen. Wir schlagen vor, unter intelligenten Menschen auf den IQ zu verzichten!

 

Vilmos SZABÓ, Ungarn, SOC

(Dok. 13445)

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Kalmár, für seinen Bericht meine volle Anerkennung ausdrücken. Es war richtig, dieses aktuelle Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Die Medien sind voll von Berichten über die Verletzung der Rechte nationaler Minderheiten in der ganzen Welt – und dazu gehört auch Europa.

Vor allem sind hier die nationalen ethnischen Minderheiten zu nennen. Denken wir an das letzte Jahrhundert, an die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts und ganz aktuell an die Gegenwart – die Ukraine. Auch in dieser Krise spielen die nationalen Minderheiten - die russische, polnische, rumänische und ungarische Minderheit - eine Schlüsselrolle.

Es gibt heftige Auseinandersetzungen über die Rechte der Minderheiten, insbesondere das Gesetz, welches den Gebrauch der Regionalsprachen regelt. Der Europarat hat sich in den letzten Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigt.

Im Zusammenhang mit diesem Bericht gab und gibt es eine lebhafte Diskussion über die Definition der traditionellen autochthonen Minderheiten. Dass solche Minderheiten tatsächlich existieren, lässt sich nicht leugnen; es handelt sich nicht nur um reine Theorie oder Spekulation. Daher hat der Europarat die Aufgabe, sich mit ihnen zu beschäftigen. Dies richtet sich nicht gegen andere Minderheiten, sondern dient vielmehr der Zusammenarbeit und dem friedlichen Zusammenleben mit der jeweiligen Mehrheit.

Der Bericht definiert die traditionellen autochthonen Minderheiten als solche, welche seit Jahrhunderten auf demselben Territorium leben und eine gemeinsame Identität besitzen. Sie sind Untergruppen innerhalb der nationalen Minderheiten. Aufgrund dieser Definition kann der Bericht mit seinen Resolutionen und Empfehlungen mehrheitlich akzeptiert werden.

Ich möchte der Parlamentarischen Versammlung nahelegen, diesen Bericht mit seinen Resolutionen und Empfehlungen anzunehmen. Diese Entscheidung wird zur Verwirklichung des Grundsatzes „Einheit in Vielfalt“ beitragen und wird eine Grundlage sein, auf die man später bauen kann.

 

Gisela WURM, Österreich, SOC,

Vorsitzende des Ausschusses für Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung

(Dok. 13445)

Danke, Herr Vorsitzender,

Herr Kalmár!

Sie haben mit diesem Bericht ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen, das in unserem Ausschuss sehr lange und kontrovers diskutiert wurde. In Wien wurde der Bericht dann schließlich zur Abstimmung gebracht und angenommen. Heute früh wurden bei unserer Sitzung die verschiedenen Änderungs- und Unteränderungsanträge sehr heftig diskutiert.

Ich bin davon überzeugt, dass wir in dieser Versammlung die Aufgabe haben, kontroverse Themen, die auf der Tagesordnung stehen, in der politischen Arena zu diskutieren. Auch wenn wir nicht immer zu einem Konsens kommen können, müssen wir die verschiedenen Argumente mit in unsere nationalen Parlamente nehmen können, um dort weiter zu debattieren.

Es ist nicht immer möglich, sofort Lösungen anzubieten. Daher hat dieses Thema weiter auf unserer Tagesordnung zu stehen und muss weiter diskutiert werden – auch aufgrund der neuesten Entwicklungen in einem unserer Mitgliedsländer.

Ihnen, Herr Kalmár, der Sie immer sehr engagiert in unserem Ausschuss mitgearbeitet haben und nun wenn auch nicht ganz aus der Politik, so doch aus der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ausscheiden, wünsche ich alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg!