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AS (2014) CR 35
Provisorische Ausgabe

 

SITZUNGSPERIODE 2014

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(4. Teil)

BERICHT

35. Sitzung

Donnerstag, 2. Oktober 2014, 15.30 Uhr

 

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13595)

Danke sehr, Frau Präsidentin!

Wie meine Kollegin in der vorigen Debatte habe ich eine Doppelfunktion: Ich bin Berichterstatter, spreche jedoch nachher auch für den Ausschuss, denn ich habe keinen Vize-Präsidenten.

Der Vorsitzende des Monitoring-Ausschusses muss der Parlamentarischen Versammlung jedes Jahr einen Bericht über den Prozess des Monitoring-Procedere geben. Diesmal ist der Bericht anders. Vielen, die schon länger hier sind, wird aufgefallen sein, dass wir nicht das übliche Kompendium erstellt haben, sondern einen stärker fokussierten Bericht, in dem noch dazu Vorschlägen enthalten sind, um das Monitoring-Procedere des Europarates zu verändern.

Lassen Sie mich als Ausschuss-Vorsitzenden und Berichterstatter allen Mitgliedern unseres Ausschusses, allen Rapporteuren, dem Vorsitz und der Wahlbeobachtungsabteilung aufrichtig danken; sie üben eine sehr arbeitsintensive Tätigkeit im Rahmen des Europarates aus.

Derzeit befinden sich folgende Staaten unter striktem Monitoring: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Moldawien, Montenegro, die Russische Föderation, Serbien und die Ukraine. Vier weitere Mitgliedsländer befinden sich unter Postmonitoring: Bulgarien, Monaco, Mazedonien und die Türkei.

Laut dem heute vorgelegten Bericht gibt es einerseits Fortschritte, die wir natürlich begrüßen, anderseits jedoch auch Rückschritte.

So unterschiedlich die Länder und ihre Probleme sind, sehen wir doch manche Probleme immer wieder. Eines der Hauptprobleme besteht darin, zu verstehen, dass Demokratie ein Wechsel von Opposition und Regierung ist. Es gilt eben nicht der Grundsatz „the winner takes it all“! Immer wieder erleben wir, dass die Verlierer einer Wahl die gewählte Regierung boykottieren, die Oppositionsrolle verweigern.

Eine Demokratie ist keine Demokratie, wenn es nicht auch eine Opposition gibt. Diese Opposition braucht parlamentarische bzw. Minderheitenrechte und den freien Zugang zu Medien.

Dabei ist es doch sehr zu begrüßen, dass wir z.B. in zwei der unter Monitoring stehenden Länder nach demokratischen Wahlen einen Regierungswechsel hatten: Georgien und Albanien. Trotzdem werden Sie in diesem Bericht lesen, dass in vielen der unter Monitoring stehenden Länder eine Zunahme der Polarisierung zwischen Regierung und Opposition zu verzeichnen ist. Das ist schlecht für die Demokratieentwicklung eines Landes und die demokratischen Institutionen.

Weitere Probleme sind, kurz zusammengefasst: die endemische, grassierende Korruption, politische Häftlinge, die Rechtsstaatlichkeit, die Garantie von Grundrechten, Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die Medienfreiheit, sowie die Rechte von Minderheiten.

Der Wert einer Demokratie zeigt sich unter anderem daran, wie ein Land mit Minderheiten umgeht und wie frei die Medien sind, zu denen auch soziale Netzwerke und Internet gehören.

In vielen Bereichen gibt es jedoch einen konstruktiven Dialog. Eine Aufforderung an uns: Lassen wir uns bei dieser Zunahme von Spannungen zwischen Regierung und Opposition in Ländern, die unter Postmonitoring stehen, nicht zu innenpolitischen Zwecken missbrauchen! Es ist wichtig, dass wir eine klare Distanz zu zunehmenden innenpolitischen Spannungen behalten. Unsere Rolle ist es, Verfassungsreformen durchzusetzen und die Rapporteure zu stärken, die sehr viel Zeit in diesen Ländern verbringen.

Nun zur Geschäftsordnungsänderung, die mir besonders wichtig war. Wir hatten dazu ein ad-hoc-Komitee, das sich zur Hälfte aus Mitgliedern zusammensetzte, die aus unter Monitoring stehenden Ländern stammen, und zur Hälfte aus Mitgliedern aus anderen Ländern. Wir sind hier zu einem Kompromiss gekommen, der eine wesentliche Bereicherung darstellt.

Erstens: das Ende der Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der neu dazugestoßene Staaten unter Monitoring gestellt wurden, während niemand überprüfte, ob die Verpflichtungen in jenen Ländern eingehalten werden, die schon sehr lange Mitglied des Europarates sind. Künftig stehen alle Länder unter Monitoring bzw. können in ein thematisches, spezifisches Monitoring kommen - ich selbst war mit meinem Kollegen Valeriu Ghiletchi bereits zu einer Fact-Finding-Mission in Frankreich. Es wird also nicht mehr einerseits die Länder geben, die unter Monitoring stehen, und andererseits jene, die darüber urteilen, wie dieses verläuft.

Zweitens: Wir appellieren an die politischen Fraktionen, dass alle Mitgliedsländer auch im Monitoring-Ausschuss vertreten sind. Auch müssen die Fraktionen darauf achten, dass dort maximal 4 Mitglieder aus demselben Land vertreten sind. Heute sind eine ganze Reihe unserer Mitgliedsstaaten nicht im Monitoring-Ausschuss vertreten, was bedauerlich und politisch unklug ist.

Besonders wichtig war mir, dass wir ehrlich sind: Eines unserer Mitgliedsländer befindet sich seit über 12 Jahren in einem Postmonitoring-Prozess. Das bedeutet offensichtlich, dass man entweder die Vorschläge des Europarates nicht umsetzen will, oder man „blinzelt mit einem Auge“. Aus diesem Grunde wird das Postmonitoring jetzt verkürzt. Nach der Postmonitoring-Phase müssen wir hier im Plenum entscheiden, ob dieses verlängert oder beendet werden soll. Für das Postmonitoring wird es künftig ebenfalls zwei Berichterstatter geben.

Wichtig ist auch eine Verstärkung in der Verschränkung zwischen den PACE-Wahlbeobachtungsmissionen und dem Monitoring. Schon jetzt können unsere Berichterstatter an den pre-election missions und den den election missions teilnehmen, wodurch die Kenntnisse aller Teilnehmer gebündelt werden.

Ich habe ausgerechnet, dass unsere Berichterstatterinnen für die Ukraine sich allein in diesem Jahr insgesamt drei Monate in diesem Land aufgehalten haben. Das Wissen, das sie dadurch angesammelt haben, sollten wir hier nutzen. In diesem Sinne bedanke ich mich erneut bei allen, die an dieser Arbeit beteiligt sind, und hoffe auf Ihr Verständnis, damit wir die Abänderung der Geschäftsordnung erreichen. Im Sub-Committee war alles einstimmig so verabschiedet worden.

Danke.

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

(Dok. 13595)

Danke, Frau Präsidentin!

Im Namen der Sozialdemokraten danke ich dir, Stefan, ganz herzlich bei für diesen sehr guten Bericht. Vor allem danke ich dir für deine sehr engagierte und trotzdem ruhige und besonnene Art, diese schwierige Kommission zu leiten, und das Verständnis, das du jenen entgegenbringst, die nicht unsere Meinung teilen.

Die drei Teile dieses Berichtes werden von den Sozialdemokraten sehr begrüßt, ebenso wie die Tatsache, dass es uns gelungen ist, diese Reformen zu realisieren. Dazu muss man auch Pedro Agramunt danken, der mit dir zusammen den Unterausschuss geleitet hat.

Im ersten Teil wird zusammengefasst, was wir im Einzelnen für die dringendsten Reformbedürfnisse in den verschiedenen Ländern halten. Auf der anderen Seite wird gefordert, die Länder sollten sich besser um Reformen bemühen.

Trotz deines Lobes für die Berichterstatter bin ich der Meinung, dass wir uns auch als Berichterstatter noch mehr anstrengen müssen. Wir sollten uns in der Analyse der Probleme unabhängiger von den jeweiligen Mehr- und Minderheiten machen und damit fähiger, die jeweiligen Probleme zu ergründen und zu verstehen. Das Ergebnis der Analyse muss dann in den Berichten so zum Ausdruck gebracht werden, dass wir daraus lernen und die jeweiligen Reformprozesse besser voranbringen können.

Wir Sozialdemokraten sind froh, dass wir den Postmonitoring-Prozess verkürzen können. Begrüßenswert ist auch, dass die sogenannten alten Mitgliedsländer besser in den Monitoring-Prozess einbezogen werden, sodass die von dir angesprochene „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ abgeschafft wird.

Zu den von dir erwähnten Themen für länderübergreifende, sachspezifische Berichte könnte man noch die Rolle des Geldes hinzufügen. In einigen der sogenannten alten Demokratien ist die Rolle des Geldes überhaupt nicht richtig geregelt; Wahlen und Abstimmungen werden oft verfälscht, weil keine Chancengleichheit und Transparenz besteht und man die Geldflüsse nicht nachvollziehen kann.

Auch geht es nicht nur um die Freiheit der Medien, sondern der ganzen Öffentlichkeit. So, wie sie heute funktioniert, können gewisse Meinungen und die Opposition oft gar nicht mehr zum Ausdruck gebracht werden.

Ich danke dir sehr für deine Anstrengungen für diesen guten Bericht und hoffe, wir können ihn im kommenden Jahr besser nachleben als das letzte Jahr.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13595, Antwort des Berichterstatters)

Danke, Herr Präsident!

Nochmals herzlichen Dank den Rapporteurinnen. An das ganze Haus gewandt möchte ich sagen: Hier ist eine Stelle nicht besetzt, die dringend besetzt werden sollte. Pedro Agramunt möchte ich meinen Dank für die Leitung des Sub-Committees für die Reform aussprechen.

Ich bedanke mich für alle Beiträge, möchte aber einige Dinge korrigieren und andere besonders hervorheben.

Frau Djurović hat einen sehr schönen Satz gesagt: „Das Monitoring ist die Schule der Demokratie“. Besser kann man es nicht ausdrücken. Wie Herr Jònasson gesagt hat, ist dies die Kerntätigkeit des Europarates. Darum haben wir vorgeschlagen, diesen Weg mit der Partnerschaft für Demokratie gemeinsam zu gehen, damit z.B. Marokko, Tunesien oder die palästinensische Autonomiebehörde künftig aus diesem Monitoring-Verfahren lernen.

Dem Kollegen Jònasson, der gesagt hat, hier in diesem Plenum sollen wir nicht mehr Fraktion sein, möchte ich antworten: Ja, aber es ist viel wichtiger, hier nicht mehr Nation zu sein, nicht mehr immerzu entweder das eigene Land zu verteidigen oder ein anderes Land anzugreifen, sondern gemeinsam, übergreifend, zu einem Thema zu sprechen. Dann erreichen wir einen gemeinsamen Prozess in Richtung Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte. Das ist letztlich unser aller Ziel.

Frau Bokukchava und Frau Hovhannisyan: Ich habe einen Bericht geschrieben über das, was im Monitoring-Ausschuss getan wurde, ich bin jedoch weder Berichterstatter für Armenien noch für Georgien, Aserbaidschan oder Russland. Ich erstelle keine eigenen Berichte, sondern berichte darüber, was im Monitoring-Ausschuss in dieser Zeit passiert ist.

Herr Ariev: sie rufen stets nach Sanktionen. Kimmo Sasi hat bereits darauf hingewiesen, wie problematisch das ist: Wenn wir nach Sanktionen rufen, sitzen hier schon mindestens zehn Länder weniger, denn in so vielen Staaten ist die Korruption eines der Grundübel. Sie sehen da vielleicht nur ein Land, aber die Frage der Korruption taucht in einem Monitoringbericht nach dem anderen auf. Die Proteste auf dem Maidan z.B. wandten sich gegen die grassierende, systemische Korruption im Land. Ich freue mich, dass in Albanien offenbar erste wirksame Schritte dagegen unternommen wurden.

Nun zu meinem Freund Jordi Xuclà: Danke für die freundlichen Worte, doch ich muss hier etwas richtigstellen. Nicht Frankreich befindet sich unter einem Monitoring-Verfahren, und es geht auch nicht um die Frage von homosexuellen Lebensgemeinschaften oder Adoption. Valeriu Ghiletchi und ich haben einzig und allein klarzustellen, ob von der Polizei gegenüber den Demonstranten ein Rechtsbruch begangen worden ist. Eine – wie von Frau Guƫu, bei der ich mich ebenfalls bedanke, gefordert - schnelle, punktuelle Monitoring-Mission, um festzustellen, ob es hier zu einer Aushöhlung grundsätzlicher Prinzipien gekommen ist.

Frau Taktakishvili: Ja, wenn ein Land im Postmonitoring ist, haben wir künftig diese wichtige Entscheidung zu treffen, ob das Verfahren beendet werden oder es wieder zurückgeführt werden soll. Dann brauchen wir genauso wie beim Monitoring zwei Personen. Im Juni 2013 hat sich das Monitoring-Committee einen ganzen Tag mit allen frozen conflicts befasst: Abchasien, Ossetien, Transnistrien, Nagornij-Karabach. Dieser Bericht beginnt nach Juni 2013. Der Monitoring-Ausschuss befasst sich auch viel mit den frozen conflicts.

Ich danke für die sehr positive Diskussion.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13586)

Danke sehr, Herr Präsident!

Als Vorsitzender des Ausschusses möchte ich beiden Berichterstattern für ihre Arbeit und die konstruktive Zusammenarbeit danken. Ich finde es schön, dass einer der beiden, Grigore Petrenco, aus einem Land kommt, das selbst unter Monitoring steht. Man sieht, dass sich hier einiges ändert; das finde ich sehr wichtig.

Welch ein Schritt – vom Regime Enver Hoxhas zum EU-Beitrittskandidaten! Das ist ein weiter Weg für Albanien. Im Bericht wird festgestellt, dass es Fortschritte gibt. Hier sieht man, dass das Instrument des Monitorings genau rechtzeitig wirkt, denn nicht überall ist der Übergang von Opposition zu Regierung und umgekehrt einfach. Diese Dinge bedürfen einer Begleitung und Unterstützung durch den Europarat, damit die demokratischen Institutionen etwas Normales werden.

Ich begrüße es sehr, dass es hier heißt, Albanien sei auf dem richtigen Weg der Korruptionsbekämpfung. Das kann ich nur als Ermutigung sagen. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass es noch im Juli in den Gängen des Parlaments zu Tätlichkeiten gekommen ist. Es darf nicht sein, dass Abgeordnete von Regierung und Opposition untereinander handgreiflich werden! Da bedarf es einer Vertiefung von grundsätzlichen Regeln des Parlamentarismus.

Doch dieser Bericht ist sehr positiv und ich bedanke mich nochmals ausdrücklich bei der Regierung und der Opposition Albaniens für die konstruktive Mitwirkung im Ausschuss.