AL15CR02

AS (2015) CR 02
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2015

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(1. Teil)

BERICHT

02. Sitzung

Montag, 26. Januar 2015, 15.00 Uhr

 

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

(Dok. 13654)

Danke, Frau Präsidentin!

Ich hatte das Vergnügen, eine kleine, aber feine Delegation zu präsidieren, die sich zur Beobachtung der tunesischen Parlamentswahlen im Oktober und zum zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen vor Weihnachten in Tunesien aufhielt. Die Bilanz des zweiten Wahlgangs finden Sie im Bericht des Kollegen Bockel.

Was wir in Tunesien erlebt haben, war ausgesprochen erfreulich. Wir konnten dort dem Ende der Transition einer erfolgreichen Revolution beiwohnen. Die Tunesier organisierten im Oktober die ersten freien Wahlen in ihrer Geschichte. Der Ablauf dieser Wahlen war demokratisch, hoch qualifiziert, würdig und diszipliniert, sodass das Land heute ein Parlament mit der höchstmöglichen Legitimation besitzt. Das Gleiche gilt auch für die Präsidentschaftswahlen.

Zum 4. Geburtstag ihrer Revolution haben sich die Tunesier damit sozusagen das schönste Geburtstagsgeschenk gemacht. Tunesien ist damit bisher das einzige Land des Arabischen Frühlings, in dem dieser Prozess erfolgreich war.

Wir haben den Arabischen Frühling immer mit dem Prozess des Völkerfrühlings in Europa von 1848 verglichen, bei dem auch nicht sofort alles gelang. Doch Tunesien war hier erfolgreich, und zwar dank einer engagierten Zivilgesellschaft, kompromissbereiter Hauptgruppen (auch der vom Islam inspirierten Partei), und der verantwortungsvollen Art, in der erfahrene Persönlichkeiten Kommissionen geleitet haben, welche die Macht der Straße in politisch legitimierte Institutionen umgewandelt haben – sowohl Parlament als auch Präsident.

Selbstverständlich kann alles immer noch weiter verbessert werden. Unter § 55 haben wir drei Punkte aufgezeigt, bei denen Verbesserungen notwendig sind: Es gilt, die Wahllisten zu verbessern, die Finanzierung der Kampagne transparenter zu machen und mehr öffentliche Debatten zu organisieren, um auch jene zur Teilnahme zu motivieren, die dem politischen Prozess nicht viel zutrauen.

Das ist heute vielleicht die größte Verantwortung dieses demokratisch legitimierten Parlaments und des Präsidenten: Rahmenbedingungen zu schaffen für die wirtschaftliche Entwicklung, damit auch jene enttäuschten jungen Leute, die die Revolution ausgelöst, aber an ihrer demokratischen Konsolidierung z.T. nicht teilgenommen haben, sich wieder einbringen können und in die Gestaltung ihrer Gesellschaft miteinbezogen werden.

Vielen Dank.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13668, 13654, 13672, 13671)

Danke schön, Frau Präsidentin!

Im Namen meiner Fraktion möchte ich den Berichterstattern für ihre Berichte danken und mit Moldawien beginnen.

Mit Jean-Claude Mignon war ich ja selbst Teil sowohl der Pre-Electorate Mission als auch der Mission.

In diesem Land, in dem es lange eine Krise der demokratischen Institutionen gab und die Bevölkerung der Politik nicht mehr vertraute, bewegt sich nun etwas. Jetzt wird wahrscheinlich eine Minderheitsregierung gebildet, was von demokratischer Reife zeugt. Eine Minderheitsregierung ist etwas Spannendes und Positives, denn sie muss immer wieder mit der Opposition Mehrheiten schaffen. Wir sollten dieses neue Projekt unbedingt begleiten.

Die Aussagen von Jean-Claude Mignon kann ich nur bestätigen: Es war äußerst irritierend, dass das Gericht in seiner zweiten Entscheidung einen Kandidaten, der möglicherweise 10-15 % der Stimmen bekommen hätte, am Tag vor der Wahl, also äußerst kurzfristig, aus der Kandidatenliste entfernet, wobei sein Name noch auf dem Stimmzettel stand!

Eines möchte ich hinzufügen: Wenn man in einem Land für 500.000 Menschen fünf Wahllokale und für 100.000 andere Menschen 25 Wahllokale bereitstellt, so ist das nicht ausgewogen. Diese Entscheidung war offensichtlich politisch motiviert.

Zu Tunesien möchte ich unterstreichen, dass es das einzige Land ist, indem die Arabische Revolution gelungen ist. Das hat mit der starken Zivilgesellschaft und der starken Frauenbewegung zu tun. Auf die Frauenbewegung in Tunesien lassen sich ganze demokratische Systeme bauen.

In den letzten Monaten hatten war ein wichtiges Ping-Pong-Spiel zwischen dem Präsidentenkomitee und dem Ad-hoc-Komitee über russische Nachbarschaftspolitik. In beiden Komitees gab es nach dem Boykott der russischen Delegation wieder eine Form der Partizipation und des Dialogs. Was vom Ad-hoc-Komitee erarbeitet wurde, wurde vom Präsidentenkomitee aufgenommen, und umgekehrt.

Das war eine sehr gute Zusammenarbeit, für die ich mich als Vorsitzender des Ad-hoc-Komitees bei der Präsidentin unserer Versammlung ausdrücklich bedanken möchte.

Ich denke, hier haben wir sehr viel Krisenmanagement gezeigt und bewiesen, dass so etwas auf parlamentarischer Ebene sowie auf dem Boden des Europarats funktioniert.

In diesem Sinne gratuliere ich den Berichterstattern.