AL15CR12

AS (2015) CR 12
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2015

________________

(2. Teil)

BERICHT

12. Sitzung

Dienstag, 21. April 2015, 10.00 Uhr

Gerold BÜCHEL, Liechtenstein, ADLE / ALDE
(Dok. 13734)

Besten Dank, Herr Vorsitzender, für das Wort!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Man darf den Berichterstattern in Ihrer Formulierung voll und ganz zustimmen: Es ist besorgniserregend, in welchem Ausmaß die Massenüberwachung Einzug gehalten hat. Dieser Bericht, und andere seiner Art, haben eine enorme Bedeutung, vor allem, da eine noch junge technologische Entwicklung eine fundamental neue Art des globalen Zusammenlebens ermöglicht.

Ein Zusammenleben in einer virtuellen Welt, mit sehr realen Konsequenzen. Und wir müssen uns die Frage stellen, inwieweit die Fundamente des Europarats - die Menschenrechte, die Demokratie und die Rechtstaatlichkeit - in diesem virtuellen Zusammenleben gewährleistet werden können.

Ich möchte den Berichterstattern zu einem sehr guten und sehr wichtigen Bericht gratulieren. Es ist bedenklich, wenn systematische Hintertüren bei Sicherheitssystemen implementiert werden, nicht zuletzt eine Missachtung der Deklarationspflicht. Es ist bedenklich, wenn Gesetzgeber zur Vorratsdatenspeicherung verpflichten, deren Sicherheit gegen unrechtmäßigen Zugriff aber nicht gewährleistet werden kann.

Daher ist es von größter Wichtigkeit, dass das Recht auf Achtung des Privatlebens aufrechterhalten werden kann. Dieses Recht durch den Austausch von nationalen Daten zwischen Ländern zu umgehen, ändert nichts an der Verpflichtung zum Schutz der Privatsphäre.

Auch sei es erlaubt, einen Kritikpunkt anzubringen. Der Schwerpunkt, welcher die Person Edward Snowden und seine enorme Offenlegung von Dokumenten einnimmt, hat auch eine besorgniserregende Komponente. Das zentrale Element des in diesem Bericht ausgeführten Themas liegt in einer schon länger zu vermutenden Tatsache, nämlich dass der technologische Fortschritt zu ganz neuen Möglichkeiten in der Überwachung von ganzen Gesellschaften geführt hat.

An dieser Stelle bemerkt: Es wäre naiv zu glauben, dass sich diese Herausforderung auf die Nachrichtendienste beschränkt bzw. beschränken wird. Es muss heute die Annahme getroffen werden, dass die Fortschritte in der Digitalisierung von unserem täglichen Leben jedem, der über das technische Wissen verfügt, die Möglichkeit zu einer fast unbeschränkten Sammlung, Speicherung und Analyse von Daten ermöglicht - unabhängig davon, für welchen Zweck. Mit diesem Umstand müssen wir lernen umzugehen.

Es greift zu kurz zu glauben, man könne sich dieser Herausforderung annehmen, indem man das sogenannte Whistleblowing per se ermutigt oder gar fördert. Kritisch vor allem, wenn die Beantwortung der Frage, inwieweit es sich bei der Erfassung von Daten um eine unrechtmäßige Aktivität handelt, alleine einem Whistleblower, einem Individuum, überlassen wird. Dieses Konzept der Kontrolle kann nicht die Lösung des Problems sein. Der Grat zwischen einem Hinweis auf eine unrechtmäßige Handlung und dem unrechtmäßigen Teilen von vertraulichen oder auch privaten Daten und Informationen ist ein schmaler, zu schmal, um dies generell zu ermutigen oder gar zu fördern.

Vielmehr ist die Parlamentarische Versammlung des Europarats, deren Mitglieds- und Partnerstaaten gefordert, Lösungen zu finden, welche einen rechtlichen Rahmen über Ländergrenzen hinweg gewährleisten. Über Ländergrenzen hinweg, da auch die virtuelle Welt klaren gesetzlichen Regeln unterliegen muss und die Kontrollorgane der Einhaltung dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen einer unabhängigen Instanz Rechenschaft und Transparenz abzulegen hat, wie es auch in der realen Welt von uns selbst gefordert wird.

Besten Dank.