AL16CR21ADD1

AS (2016) CR 21
Addendum 1

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2016

________________

(3. Teil)

BERICHT

21. Sitzung

Dienstag, 21. Juni 2016, 10.00 Uhr

NICHT MÜNDLICH GEHALTENE
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Annette GROTH, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 14082)

Zunächst möchte ich Tineke Strik für ihren hervorragenden Bericht danken! Ich war im letzten Monat zweimal in Griechenland. Alle meine Gesprächspartner haben die mangelnde Solidarität der anderen EU-Mitgliedsstaaten beklagt. Sie fühlen sich vom Rest Europas im Stich gelassen. Die Situation ist gerade für minderjährige Flüchtlinge desaströs, nicht nur in Griechenland, sondern auch in anderen Ländern. UNHCR schätzt, dass 30% der in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge Kinder sind.

Da es nicht genügend Platz in den Aufnahmezentren gibt, werden Minderjährige teilweise in Polizeistationen "zu ihrem Schutz" untergebracht. Kinder sind häufig Schleusern oder Kriminellen ausgesetzt, die sie gnadenlos ausnutzen. Dazu gehört auch sexuelle Ausbeutung; etliche Minderjährige verkaufen ihre Körper, um etwas Essen zu kaufen und/oder auch, um ihre Familien zu unterstützen. Das ist einfach skandalös!

Viele unbegleitete Minderjährige haben Eltern oder einen Elternteil in Deutschland oder in einem anderen EU-Land, d.h. sie haben einen Anspruch auf Familienzusammenführung. Dieses Recht wird ihnen aber oft durch langwierige bürokratische Verfahren vorenthalten. Und da sind nicht nur griechische Behörden schuld, sondern insbes. die anderen EU-Staaten wie z.B. Deutschland, die Anträge auf Familienzusammenführung sehr langsam bearbeiten. Warum ist das so? Soll es als Abschreckung dienen? Diesen Verdacht äußern inzwischen viele Rechtsanwälte und NGOs. Wenn Kindern die Familienzusammenführung verwehrt wird, ist das eine Verletzung der Kinderrechtskonvention. Das dürfen wir nicht zulassen.

Eltern, die monate- oder sogar jahrelang von ihren Kindern getrennt sind, werden häufig krank. Eine Integration in die Aufnahmeländer wird unter solchen Umständen sehr erschwert oder unmöglich. Es sollte in unserem eigenen Interesse sein, Familienzusammenführung so schnell wie möglich zu ermöglichen, nur dann kann eine Integration erfolgreich sein.

Ich möchte hier noch eine verstörende Information zur Kenntnis geben. Von verschiedenen Quellen habe ich kürzlich gehört, dass viele Flüchtlinge, die aus Idomeni in die Militärcamps und andere Lager gebracht wurden, aus diesen Camps fliehen. Irgendwie schaffen es Etliche, nach FYROM zu gelangen. Dort werden sie von Soldaten, Grenzschützern und vermutlich auch von kriminellen Banden geschnappt, häufig ausgeraubt, geschlagen und malträtiert, und dann bringt man sie zurück nach Griechenland. Das Überraschende daran ist, dass auch Deutschsprachige unter den Grenzschützern sind, d.h. entweder Deutsche und/oder Österreicher, die an dieser "Rückführung" beteiligt sind.

Letzte Woche habe ich meine Regierung gefragt, ob sie über den Einsatz von deutschen Grenzschützern in FYROM Kenntnisse hat, bislang habe ich noch keine Antwort erhalten. Mich würde aber auch interessieren, ob griechische Behörden darüber etwas wissen.

Zum Schluss möchte ich nochmals an die Regierungen der EU- Mitgliedsstaaten appellieren, endlich ihre Versprechungen umzusetzen und die 66 000 Geflüchteten aus Italien und Griechenland aufzunehmen, so wie es im Rahmen des sogenannten Umverteilungsmechanismus zugesagt wurde. Beide Länder müssen wir nach Kräften unterstützen!