AL16CR25      

AS (2016) CR 25
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2016

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(3. Teil)

BERICHT

25. Sitzung

Donnerstag, 23. Juni 2016, 10.00 Uhr

Elisabeth SCHNEIDER-SCHNEITER, Schweiz, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 14070, Dok. 14069)

Danke, Herr Vorsitzender,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Wir alle reden von Integration und viele erklären sie in Europa für gescheitert. Nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln und nach den verschiedenen Terroranschlägen sprechen wir erst recht von rechtsfreien Räumen und von muslimischen Parallelgesellschaften, in welchen die Scharia gelte und nicht nationales Recht der betroffenen europäischen Staaten.

Auch mein Land, die Schweiz, beschäftigt sich heute mehr denn je mit den Fragen der Integration. Zwar leben die 2 Millionen Ausländer vergleichsweise friedlich mit den sechs Millionen Schweizerinnen und Schweizern zusammen.

Warum ist das so? Ist es alleine die Größe der Schweiz, welche das Zusammenleben von verschiedenen Kulturen und Kulturverständnissen einfacher macht? Ich denke nicht.

Ein erster Grund für  eine gute kulturelle Integration ist unser Schulsystem. Die schweizerischen Schulen sind im Unterschied zu Schulen in vielen anderen Ländern noch immer Volksschulen für alle Gesellschaftsschichten. Bei uns besuchen alle Kinder dieselbe Schule, egal ob es einheimische Kinder oder Migrantenkinder sind. Privatschulen sind in unserem Land die Ausnahme.

Unsere Volksschule lehrt mit einer außerordentlich hohen Qualität. Da unsere Volksschule aber nicht nur lehrt, sondern auch vereint und kulturelle und gesellschaftliche Werte unseres Landes vermittelt, ist sie der unentbehrliche Integrationsmotor. Ich bin mir bewusst, dass auch an der besten Schweizerischen Volksschule die Chancen nie für alle gleich sein können. Aber durch das Volksschulsystem ist eine Integration der Kinder und eine Vermittlung der kulturellen Werte garantiert.

Ein zweiter Faktor für eine erfolgreiche Integration in die kulturellen Werte der Schweiz ist die Integration mit Arbeit. Die berufliche Eingliederung ist nach Schule und Sprache wohl der wichtigste Integrationsfaktor.

Dank des ausgeklügelten Systems der Berufslehre haben v.a. auch Jugendliche mit Migrationshintergrund die Möglichkeit, auf eine niederschwellige Art einen Beruf zu erlernen. Nirgendwo in Europa ist die Arbeitslosigkeit unter Migranten so niedrig wie in der Schweiz.

Übrigens ist unser Berufsbildungssystem, bei dem Jugendliche teilweise bereits mit 15 Jahren in die Arbeitswelt einsteigen, einer der Gründe, warum die Schweiz die Sozialcharta des Europarates noch nicht ratifiziert hat. Leider ist die Charta mit unserem Berufsbildungssystem noch nicht kompatibel.

Aber in unserem Berufsbildungssystem geht es darum, Jugendlichen eine gute Berufsbildung auf den Weg zu geben. Wer nämlich möglichst früh in die Arbeitswelt integriert ist, hat Lohn, soziale Kontakte, einen geregelten Alltag und Zugang zu den kulturellen Werten eines Landes und so letztlich einen kulturellen Zugang zu den Werten Europas.

Eine gute Bildung durch die Volksschule und eine funktionierende Berufsbildung sind der Schlüssel zur kulturellen Integration von Menschen aus anderen Kulturen dem Zusammenhalt einer Gesellschaft.

Besten Dank für diesen wichtigen Bericht.

Goran TUPONJA, Montenegro, ADLE / ALDE
(Dok. 14070, Dok. 14069, Dok. 14084)

Vielen Dank, Frau Vorsitzende,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eines der Merkmale des 21. Jahrhunderts ist es, dass die Welt noch nie kleiner war. Noch nie waren früher kaum denkbare Entfernungen so gering, lagen Orte so dicht beieinander.

Noch nie in der Geschichte waren so viele Menschen in Bewegung wie in der heutigen Zeit.

Dabei spreche ich nicht von Urlaubsreisen, sondern von Aufenthalten über einen längeren Zeitraum von Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihre Umgebung ändern. Ich meine Menschen, die freiwillig aus geschäftlichen oder privaten Gründen eine neue Umgebung suchen, und Menschen, die aus der Not heraus ihre Heimat verlassen und in die weite Welt ziehen, um für sich und ihre Familie einen besseren Ort zum Leben zu suchen.

Migrationsprozesse bringen Multikulturalismus mit sich. Multikulturalismus ist unvermeidlich und der eigentliche Reichtum jeder demokratischen Gesellschaft. Multikulturalismus und Integration von Migranten gehen Hand in Hand und sind voneinander abhängig.

Integration ist allerdings nicht selbstverständlich; es liegt in den Händen der Gastländer, eine angemessene Lösung für diese Herausforderung zu finden. Leider sind wir Zeugen, dass sich das Problem der Ausgrenzung von Migranten in Europa immer weiter ausbreitet, was durch die sprachlichen, kulturellen und religiösen Unterschiede weitere Spaltungen hervorrufen könnte. Diese können schwere Folgen für eine demokratische Gesellschaft haben.

Umso wichtiger ist es zu erkennen, welch einflussreiche Rolle die Kultur bei der Unterstützung der demokratischen Prinzipien und Werte und im Aufbau einer integrativen Gesellschaft spielt.

Die Rolle der Einwandererverbände und ihrer Netzwerke ist nicht ausreichend erkannt und mobilisiert, vor allem nicht in Hinsicht auf den Einfluss auf die Prozesse der pädagogischen, kulturellen und sozialen Integration von Migranten.

Einwandererverbände sind eine Art Kulturbotschafter der Herkunftsländer im Gastland und können eine sehr wichtige Rolle bei der Integration von Migranten spielen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum es notwendig ist, das verfügbare Potenzial und dessen Möglichkeiten besser zu nutzen und zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang gebe ich meine volle Unterstützung für die in der vorgeschlagenen Resolution enthaltenen Empfehlungen, die die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen und kulturellen Pluralismus stark fördern würden, sowie für die Maßnahmen, die die nachhaltige Finanzierung der Kulturpolitik gewährleisten würden.

Zudem halte ich es für notwendig, die empfohlenen Maßnahmen zu ergreifen, um die Bildungs- und Kulturnetzwerke von Auswanderern zu stärken.

Ich komme aus Montenegro. Dort haben wir leider keine genauen Angaben über die Zahl der Auswanderer, die sich außerhalb des Landes befinden. Es wird geschätzt, dass noch ein ganzes Montenegro im Ausland lebt und arbeitet. Sicherlich betrifft dieser Aufruf, sich um die eigenen Auswanderer auf einem viel höheren Niveau zu kümmern als bisher, auch mein Land.

Einwandererverbände sind Brücken, die verschiedene Kulturen verbinden. Es liegt an uns, ihren Wert zu erkennen, ihnen die notwendige Unterstützung zu geben und ihre Rolle bei der Integration zu stärken.

Vielen Dank.