AL17CR19

AS (2017) CR 19
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2017

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(3. Teil)

BERICHT

19. Sitzung

Montag, 26. Juni 2017, 11.30 Uhr

Frank SCHWABE, Deutschland, SOC
(Dok. 14345)

Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist nicht leicht, nach so grundsätzlichen Erwägungen zu sprechen. Dennoch möchte auch ich meine Achtung vor der politischen Arbeit von Herrn Mignon deutlich machen, der, als ich damals neu dazu kam, gerade Präsident war. Noch einmal ganz herzlichen Dank dafür.

Was Sie sagten, passt natürlich auch zur aktuellen Debatte, weil es hier eben um ganz Grundsätzliches geht. Vielleicht sprechen wir auch über eine neue historische Phase – nach der Gründung und der Erweiterung von 1990 befinden wir uns nun in einer historischen Phase, in der wir um die Integrität dieser Versammlung ringen.

Diese Woche ist nur ein Teil eines Aufklärungsprozesses, den wir konsequent weiter vorantreiben müssen. Das Thema Korruption ist ja keine Kleinigkeit, sondern trifft unsere Organisation im Kern. Deshalb ist der Kampf um Aufklärung zentral.

Ich möchte ausdrücklich würdigen, dass trotz einiger Kämpfe in den letzten Wochen und Monaten am Ende doch relativ schnell eine Aufklärungskommission mit drei wirklich hoch respektablen Mitgliedern eingesetzt wurde. Für diesen Aufklärungsprozess braucht man einen langen Atem, und den müssen wir gemeinsam haben.

Wie ich gelesen habe, haben einige Kolleginnen und Kollegen juristische Beihilfe in Anspruch genommen. Das ist natürlich durchaus erlaubt, macht aber deutlich, wie komplex dieses Verfahren sicher werden wird.

Wir haben diese Woche mit der Frage zu kämpfen, wie mit dem Präsidenten umgehen ist, der sich gegenwärtig noch im Amt befindet, auch wenn alle Gruppen seinen Rücktritt gefordert haben. Wie schaffen wir neue Möglichkeiten, unangemessenes Verhalten von Präsidenten, aber auch anderen Funktionsträgern dieser Versammlung, entsprechend zu sanktionieren? Daran werden wir gemessen.

Das öffentliche Interesse an dieser Affäre ist riesengroß und wir sollten uns alle bewusst sein, dass die gesamte Öffentlichkeit auf Aufklärung besteht. Es ist ausdrücklich keine parteipolitische Frage. Deswegen begrüße ich es, dass in allen Fraktionen deutliche Mehrheiten für einen solchen Aufklärungsprozess stehen.

Ich bitte herzlich darum, dass in dieser Woche juristische Argumente abgewogen, aber nicht als Vorwand genutzt werden, nicht zu tun, was getan werden muss. Ausdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass wir in der deutschen Delegation auch über juristische Fragen diskutiert haben, dass es aber keine Mehrheit gab, die grundsätzliche Bedenken an unserem Verfahren geübt hätte. Es gab Einzelpersonen, wie Herr Fischer persönlich, die dies taten; damit drücken sie ihre eigene Position aus, aber nicht die der deutschen Delegation.

Ich habe gerade gehört, wir dürften unsere Glaubwürdigkeit nicht durch eine „lex Agramunt“ untergraben. Doch darum geht es nicht. Es geht darum, in dieser Woche konsequent zu verfahren. Ich sehe auch keinen Grund für eine geheime Abstimmung am Ende dieser Debatte; es ist m.E. ein Vorteil dieser Versammlung, dass man sieht, wer sich wie entschieden hat.

Lassen Sie uns also diese Woche gemeinsam konsequent nutzen.

Vielen Dank.   

Roland Rino BÜCHEL, Schweiz, ALDE / ADLE
(Dok. 14345)

Frau Vizepräsidentin,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

In der Schweiz gibt es starke Stimmen, die unseren Austritt aus dem Europarat fordern. Einer der Hauptgründe dafür ist diese Korruptionsaffäre. Ich zitiere aus der jüngsten Debatte, die wir vor knapp zwei Wochen im Parlament hatten.

Eine Fraktionskollegin von Präsident Agramunt sagte:

„Die Außenpolitische Kommission hat sich intensiv mit den aktuellen Korruptionsvorwürfen gegen Mitglieder oder ehemalige Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung befasst, insbesondere auch mit der Aufklärung der Korruptionsaffäre, in welche der aktuelle Parlamentspräsident verwickelt ist.

Die Schweizer Delegation wird sich weiter dafür einsetzen, dass derartigen korrupten Machenschaften ein Riegel geschoben wird, und verlangt ausdrücklich den Rücktritt des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.

Bis heute hat der Europarat nicht die Möglichkeit, einen Parlamentspräsidenten abzusetzen. Im aktuellen Korruptionsfall ist es so, dass die Zeichen gut stehen, dass der Präsident der Versammlung, der Mitglied meiner Fraktion ist, zurücktreten wird.“

Heute wissen wir, dass das nicht der Fall ist.

Ich persönlich habe dazu zwei Anmerkungen zu machen:

Zunächst einmal müssen wir sehr vorsichtig sein im Umgang mit dem Begriff „Korruption“.

Und zweitens geht es darum, das, was passiert ist, sauber abzuklären und dann auch sauber zu sanktionieren. Das können wir tun, davon bin ich überzeugt.

Jetzt wieder zur Fraktionskollegin des Präsidenten. Sie sagte im Schweizer Parlament:

„Unter den 47 Mitgliedsstaaten gibt es einige Staaten, in welchen Korruption an der Tagesordnung ist. Es ist sehr schwierig, diese Korruption im Europarat auszurotten. Sollte aber derart offensichtliche Korruption festgestellt werden wie dies hier der Fall ist, dann müssen wir an vorderster Front dagegen kämpfen.

Eigentlich ist es ja erstaunlich, dass praktisch alle Fraktionen für einen Ausschluss dieses korrupten Präsidenten einstehen, insbesondere auch seine eigene Fraktion.“

Das waren wortwörtlich die Aussagen der Fraktionskollegin des Präsidenten.

Seien wir klar: Es ist doch schon lange keine juristische Diskussion mehr, wie wir es versuchen, sondern eine politische Diskussion.

Was schreibt dieses Haus sich auf die Fahne? Mit welcher Eleganz hat Kollege Mignon es doch gesagt - und wohl auch zu recht: „Der Europarat ist die führende Menschenrechtsorganisation Europas. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind unsere Prinzipien.“

Aber ich bin weniger lang hier und noch nicht so elegant. Ich sage: was nützt uns die ganze Eleganz, wenn wir nicht handeln. Ich appelliere jetzt an Sie, Kollege Németh. Gerade Sie haben es als Sprecher der Fraktion gesagt: Es ist genug Schaden angerichtet worden. Reden Sie nicht nur, handeln Sie! Sorgen Sie dafür, dass der Präsident zurücktritt. Dazu bedarf es keiner Diskussion über eine „lex Präsident“ o.Ä.; handeln wir, und damit ist das Problem politisch gelöst. Dass müssen Sie jetzt tun.