AL17CR21

AS (2017) CR 21
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2017

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(3. Teil)

BERICHT

21. Sitzung

Dienstag, 27. Juni 2017, 10.00 Uhr

Axel E. FISCHER, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 14338)

Vielen Dank, Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren über die Änderung der Geschäftsordnung aus einem aktuellen Anlass heraus, der etwas in der Vergangenheit liegt: Die Reise unseres Präsidenten Pedro Agramunt nach Syrien, die zu Recht zu großen Diskussionen geführt hat.

Ich möchte das jetzt nicht weiter bewerten, sondern nur darauf hinweisen, dass alle Fraktionen, auch seine eigene, klipp und klar gesagt haben, dass sie kein Vertrauen mehr in den Präsidenten haben. In der Sitzungswoche im April haben wir das schon im Fraktionsvorstand getan, auch haben wir nach den Diskussionen in Prag am Montagmorgen eine geheime Abstimmung dazu durchgeführt. Dort erklärte eine deutliche Mehrheit, dass wir kein Vertrauen mehr in ihn haben und Präsident Agramunt nahelegen, selbständig zurückzutreten.

All dies ist in der Tat die Ursache dafür, dass wir heute eine Änderung der Geschäftsordnung diskutieren. Jede Geschäftsordnung kann selbstverständlich jederzeit geändert werden, wenn es dazu entsprechende notwendige Anlässe gibt. Wie auch Kollege Kox deutlich machte, müssten wir über diese Geschäftsordnung diskutieren, selbst wenn Kollege Agramunt zurücktreten würde.

Dennoch ist in der Diskussion immer wieder klar geworden, dass sehr viel von dem, was diskutiert wird, vor allem auf diesen konkreten Fall bezogen wird. Wir haben in der EVP-Fraktion in der Fraktionssitzung den ganzen gestrigen Nachmittag dieses Thema diskutiert.

Ich kann Ihnen sagen, dass die Meinungen sehr weit auseinander gingen. Manche Kollegen meinten, man könne den Bericht genauso annehmen, andere waren der Auffassung, er weise völlig in die falsche Richtung und wir müssten ihn komplett ablehnen, wieder andere sagten, wenn bestimmte Änderungsanträge angenommen werden, ist dieser Bericht in der Tat annehmbar.

Die Änderungen der Geschäftsordnung werden auch dringend benötigt. Weil ich glaube, dass es unsere Aufgabe ist, hier in der Versammlung zu diskutieren und zu entscheiden, möchte ich Ihnen die Fragen, die wir in der Fraktion hatten, kurz darstellen, zumindest einen Teil davon.

Die Frage zur Zweidrittelmehrheit war bei uns kein Thema, sie war gar nicht angesprochen worden; sie wurde bei uns akzeptiert.

Sehr wohl wurde aber darüber diskutiert, ob es sinnvoll wäre, eine geheime Abstimmung zu haben oder nicht. Es wurde die Meinung vertreten, dass, wenn ein Präsident geheim gewählt wurde, er dann ggf. auch geheim abzuwählen sei. Andere hielten dies nicht für das dringende Problem.

Auch war die Frage aufgekommen, für wen das alles gelte. Hat es Sinn, dass Vizepräsidenten mit hineingezogen werden, die ja von ihren nationalen Delegationen vorgeschlagen werden? Andere sagten, das müsse eigentlich für alle gelten, die von dieser Versammlung gewählt werden, vielleicht auch für den Generalsekretär und den Menschenrechtskommissar.
Dann gab es noch die Frage zur Rückwirkung.

Ich möchte Ihnen folgenden Punkt ans Herz legen: Wir entscheiden heute wichtige Dinge. Unser Entscheiden reicht weiter als unser Denken. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, was mit solchen Änderungen passieren kann. Doch bin ich mir sicher, dass die Weisheit der Kolleginnen und Kollegen hier in dieser Versammlung dafür sorgen wird, dass wir nach der Abstimmung einen guten Bericht haben und ein gutes Ergebnis erzielen werden.

Vielen Dank.

Kęstutis MASIULIS, Litauen, PPE/DC / EPP/CD
(Dok. 14338)

Herr Präsident,
sehr geehrte Kollegen!

Wir befinden uns nur deshalb hier, weil wir uns um unsere gemeinsamen Werte sorgen. Diese müssen wir verteidigen. Wenn diese Werte zerstört werden, bleibt nichts mehr übrig.

Merkwürdigerweise ist unser Präsident nicht dieser Ansicht. Er fliegt mit einer russischen Luftwaffenmaschine zu Assad, der mit Giftgas gegen die eigene Bevölkerung vorgeht. Damit geht er uns mit schlechtem Vorbild voran, aber nach unserer Geschäftsordnung hat ein solches Verhalten keine Konsequenzen.

In einer normalen Demokratie wissen die Politiker, was in einer solchen Situation zu tun ist. Doch Herr Agramunt hat dafür kein Verständnis. Nur deswegen ist es nötig, hier über eine Änderung unserer Geschäftsordnung zu sprechen.  

Bereits seit einem halben Jahr sprechen wir über Herrn Agramunt. Falls wir nichts tun, unsere Geschäftsordnung nicht ändern und dieses Problem nicht lösen, wird das noch ein weiteres halbes Jahr so weitergehen. Wir müssen dieses Problem lösen, denn wir müssen zu unseren Grundwerten zurückkehren.

Es gibt keinen anderen Weg. Diese Initiative zeigt uns einen juristischen Ausweg aus dieser durch Herrn Agramunt ausgelösten Krise. Dafür möchte ich mich bedanken.
Ich bin der Meinung, dass wir alle die Änderung der Geschäftsordnung ganz klar unterstützen müssen.

Elisabeth SCHNEIDER-SCHNEITER, Schweiz, PPE/DC / EPP/CD
(Dok. 14338)

Geschätzter Herr Vorsitzender,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Winston Churchill, einer der Gründerväter des Europarates, der zwei Weltkriege erlebte, viele europäische Kulturen kannte und ein Pionier unserer geeinten Wertekultur betreffend Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit war, sagte einmal: „Der Preis der Größe heißt Verantwortung.“

Eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass unser Präsident Agramunt Größe zeigt und die Verantwortung seines Handelns übernimmt, indem er von seinem Amt zurücktritt. Leider zeigt er hier keine Größe, was ich außerordentlich bedaure. Im Gegenteil, er beschäftigt unsere Kommissionen, unsere Fraktion und unsere Parlamentarische Versammlung seit Monaten.

Ich bin stolz, dass unser Parlament ein solches Amtsenthebungsverfahren bisher nie gebraucht hat und traurig, dass wir nun ein solches einführen müssen, weil sich Leute nicht an die grundlegenden Prinzipien unseres Rates halten. Eigentlich habe ich mir gewünscht, dass Herr Agramunt nach dem Besuch des spanischen Königs am Ende der letzten Session seinen Rücktritt einreicht. Das ist nicht geschehen.

Weil ich überzeugt bin, dass diese Geschäftsordnungsänderung und auch das anschließende Impeachment eine Mehrheit findet, habe ich eigentlich erwartete, dass Herr Agramunt spätestens heute Morgen seinen Rücktritt erklärt. Wie kann ein Ehrenmann an seiner Position festhalten, wenn er jegliches Vertrauen seiner Fraktion und der Versammlung verloren hat?

Und nun zu diesem Bericht: Ich möchte vorausschicken, dass ich ihm zustimmen werde. Lieber hätte ich aber keinen solchen Bericht für eine solche Änderung gehabt. Denn durch jedes neue Reglement löst man zwar ein Problem, es können aber damit auch wieder –zig neue Probleme geschaffen werden.

Als Juristin habe ich logischerweise Probleme mit der vorgesehenen Rückwirkung. Warum sollte gerade der Europarat gegen Rechtsstaatlichkeit verstoßen? Ist es uns ein derartiger Verstoß wert, einfach um den fehlbaren aktuellen Präsidenten abzusetzen? Wir müssen uns das sehr gut überlegen und ich persönlich werte die Rechtsstaatlichkeit höher ein als den politischen Wunsch nach einem Rücktritt unseres Präsidenten.

Meine zweite Frage: Haben wir uns sorgfältig genug Gedanken darüber gemacht, welchen Personenkreis mit welchem Verfahren wir erfassen möchten, um nicht eine Büchse der Pandora zu öffnen?

Und meine dritte Frage: Sind wir sicher, dass diese Geschäftsordnungsänderung nicht einfach eine Lex Agramunt ist?

Um auf das eingangs erwähnte Zitat von Churchill zurückzukommen: Wir sollten bei allen unseren Beschlüssen hier Größe zeigen, uns nicht von einem Einzelfall leiten lassen und die Verantwortung übernehmen, zu welcher wir uns verpflichtet haben.

In diesem Sinne bedanke ich mich für diesen Bericht.

Amendments zu Dok. 14338:

Tobias ZECH, Deutschland, PPE/DC / EPP/CD
(Dok. 14338, Amendment 12)

Ich ziehe den Antrag zurück.

Tobias ZECH, Deutschland, PPE/DC / EPP/CD
(Dok. 14338, Amendment 13)

Ich ziehe auch den Änderungsantrag 13 zurück.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Fragen an Duško MARKOVIĆ, Ministerpräsident Montenegros)

Sehr geehrter Herr Präsident,

auch wir sehen mit Besorgnis diesen neuen Balkan-Virus des Boykotts – Mazedonen, Albanien, jetzt Montenegro – und hoffen doch, dass wir vielleicht auch hier Lösungen finden. Es ist gut, von Ihnen zu hören, dass Sie die Nachbarschaftspolitik insbesondere im Raum der ehemaligen jugoslawischen Gemeinschaft verstärken.

Wenn ich nach Budva oder Sveti Stefan schaue, sehe ich russische Familien, russische Kinder in den Volksschulen. Meine spezielle Frage an Sie: Wie gestalten Sie nach den Vorfällen des letzten Jahres und Ihrer jetzigen Mitgliedschaft in der Nato die künftigen Beziehungen zur Russischen Föderation?

Ute FINCKH-KRÄMER, Deutschland, SOC
(Fragen an Duško MARKOVIĆ, Ministerpräsident Montenegros)

Vielen Dank, dass auch ich eine Frage stellen darf. Meine Frage bezieht sich auf das Verhältnis zum Kosovo, mit dem es ja einen ungeklärten Grenzabschnitt gibt. Ich weiß, dass die Frage dieser Grenzziehung im Kosovo sehr emotional besetzt ist. Welchen Weg sehen Sie, um mit dem Kosovo auf eine klare und für beide Seiten akzeptable Grenze zu kommen?