AL17CR34

AS (2017) CR 34
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2017

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(4. Teil)

BERICHT

34. Sitzung

Donnerstag, 12. Oktober 2017, 10.00 Uhr

Axel E. FISCHER, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14415)

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Worum geht es heute in dieser Debatte?

Es geht auf der einen Seite um die Garantie der Rechte von Minderheiten in unseren Mitgliedsländern, auf der anderen Seite den Schutz des Rechts eines Landes, die eigene Sprache in der Breite zu lehren.

Ganz konkret geht es um die Änderung des Bildungsgesetzes in der Ukraine, das zwar beschlossen, aber noch nicht ratifiziert ist. Viele Kollegen waren darüber aufgebracht; Herr Herkel hat ja bereits auf diese Dinge hingewiesen. Es besteht die Befürchtung, dass Rechte von Minderheiten beschnitten werden. Deshalb führen wir heute diese Debatte.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus meinem Heimatland, Deutschland, geben. In Norddeutschland leben Minderheiten wie die Ostfriesen, Dänen, Sorben oder Wenden, die natürlich Deutsch lernen, aber auch die Möglichkeit haben, ihre eigene Sprache zu sprechen, um ihre Identität zu erhalten. Sie haben z.T. Radioprogramme in der eigenen Sprache, die staatlich mitfinanziert werden.

Im Landesparlament von Schleswig-Holstein haben wir für die dänische Minderheit die 5%-Hürde abgeschafft, die man erreichen muss, um ins Parlament zu kommen: Die Dänen haben auch mit nur einem oder zwei Abgeordneten Zugang zu diesem Parlament. Mit diesen Möglichkeiten kann man Minderheiten helfen.

Ich begrüße es also ganz klar, dass der ukrainische Gesetzesentwurf nun der Venedig-Kommission zur Prüfung vorgelegt wird. Denn wenn wir ein solches starkes Werkzeug wie die Venedig-Kommission hier beim Europarat haben, dann sollten wir es für genau solche Konflikte, die hier debattiert werden, nutzen.

Deshalb ist es gut, diese Debatte heute zu führen und dies in den Bericht über Minderheitensprachen aufzunehmen, der ja derzeit im zuständigen Ausschuss erarbeitet wird. Das Ergebnis der Venedig-Kommission sollte dann hier diskutiert und mit hineingenommen werden.

Es ist ein schwieriger Balanceakt zwischen dem Schutz der Minderheitensprachen auf der einen und der Förderung der nationalen Identität auf der anderen Seite, dessen bin ich mir bewusst. Aber wenn wir untereinander dieses Thema auf der Basis zunächst der Ergebnisse des Berichts von Herrn Herkel und später des Ergebnisses der Venedig-Kommission diskutieren, werden wir sicher zu einer guten Lösung kommen.

Dazu rufe ich auf und freue mich, dass wir alle aktiv mitdiskutieren.

Vielen Dank.

Ute FINCKH-KRÄMER, Deutschland, SOC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14415)

Vielen Dank, Frau Vorsitzende!

Ich komme aus Berlin, einer Stadt, in der es keine nationalen Minderheiten in dem Sinne wie die gerade von Axel Fischer erwähnten gibt, also z.B. die Dänen oder Friesen in Schleswig-Holstein. Doch leben in Berlin sehr viele Menschen, die selbst oder deren Eltern oder Großeltern zugezogen sind und in deren Familien noch andere Sprachen gesprochen werden - ob Türkisch, Griechisch, Italienisch, Polnisch oder Russisch.

Deswegen hat Berlin vor etwa 20 Jahren Europaschulen gegründet, in denen eine bilinguale Erziehung möglich ist. Dort werden Kinder von der ersten Klasse bis Abschluss der Sekundarstufe in zwei Sprachen unterrichtet - Deutsch und Türkisch, Deutsch und Polnisch etc., aber auch Deutsch und Englisch oder Deutsch und Französisch, denn in Berlin haben wir ja auch eine Tradition von englisch- und französischsprachigen Schulen, die noch aus der Zeit stammt, als Westberlin drei Besatzungsmächte hatte.

Mit diesem System erleichtern wir es den Kindern, echt zweisprachig zu werden.

Das möchte ich in Richtung auf die Ukraine auch den Kolleginnen und Kollegen sagen: Ihr Ziel sollte es sein, den Kindern die Möglichkeit zu geben, echt zweisprachig zu werden - egal, ob es um russischsprachige, rumänischsprachige oder ungarischsprachige Familien geht.

Echte Zweisprachigkeit, das haben wir in Deutschland gelernt, bedeutet nicht, dass in der Familie die eine Sprache gesprochen wird und in der Schule die andere, zu der eventuell noch ein Fremdsprachenunterricht dazukommt. Zweisprachigkeit bedeutet, dass man auch die Fachausdrücke, die man in Mathematik, Chemie oder Physik braucht, irgendwann in beiden Sprachen kennt. Daher ist es wichtig, dass auch Fachunterricht in der Muttersprache stattfindet.

So erhält man die volle Zweisprachigkeit, die man dann nutzen kann, um z.B. in einem anderen Land ein oder zwei Semester zu studieren. Diese Fähigkeit, sich in mehreren Sprachen, in mehreren Ländern auf Erwachsenenniveau unterhalten zu können, ist ja eigentlich auch im Sinne des Europarates.

In diesem einen Punkt des neuen Schulgesetzes – der ganze Rest dieses Gesetzes wurde ja hier nicht angegriffen, sondern implizit begrüßt – sollte die Ukraine noch einmal nachdenken, ob nicht Modelle wie die Europaschulen in Deutschland und anderen Ländern ein Ausweg aus der gerade entstandenen Situation sein könnten.

Danke.

Rustam MAKHMUDYAN, Armenien, PPE/DC / EPP/CD
(Dok. 14402)

Sehr geehrte Vorsitzende,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich zunächst dem Berichterstatter dafür danken, dass er dieses sehr wichtige Thema anspricht. Dieses Thema ist für uns alle und insbesondere für mich wichtig, da ich in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates nicht nur als Mitglied des armenischen Parlaments, sondern auch als Vertreter der jesidischen Gemeinschaft Armeniens spreche.

Der Nahe Osten ist eine Wiege vieler Zivilisationen und Religionen. Das, was in den letzten Jahren vor allem in Syrien und im Irak passiert ist, war nichts anderes als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die Zivilisation.

Wir dürfen uns nicht darin täuschen, dass Gewalt gegen religiöse Minderheiten im Namen einer Religion begangen wurde. Gräueltaten des sogenannten Islamischen Staates oder Daech, Al-Nusra und anderer terroristischer Gruppen waren Verbrechen gegen die zivilisierte Welt. Diese Terrorgruppen profitieren stark von ausländischen Kämpfern und Finanzströmen. Sie stellen eine echte Bedrohung für die Existenz ganzer religiöser und ethnischer Gruppen dar. Der Kampf gegen diese Terroristen sollte daher im Rahmen der Völkermordprävention erfolgen.

Heutzutage ist das Christentum im Nahen Osten ebenfalls ernsthaft bedroht. Die Gewalt gegen Christen in der Region ist natürlich kein neues Phänomen.

Ich bin auch stolz darauf, dass ich in der Parlamentarischen Vertretung des Europarats die jesidische Gemeinschaft Armeniens vertrete, was durch unumkehrbare demokratische Reformen möglich wurde. Übrigens hat Armenien die abscheulichen Verbrechen der vorhin genannten Terrorgruppen bedingungslos verurteilt, darunter auch die, die diese an den Jesiden im Nordirak begangen haben.

Allein im August 2014 wurden laut einem UN-Bericht mehr als 5000 Jesiden durch Daesh getötet; danach wuchs die Zahl der Opfer natürlich noch. Dies geschah vor unseren Augen in der modernen, sogenannten „entwickelten“ Welt, und wir beschränkten uns lediglich auf Verurteilungen, so wie bei den Völkermorden des letzten Jahrhunderts.

In diesem Zusammenhang ist es für uns von besonderer Bedeutung, dass 2016 der Václav-Havel-Menschenrechtspreis des PACE an Nadia Murad verliehen wurde, eine Überlebende des Genozids an den Jesiden und Menschenrechtsverteidigerin. Ich hatte das Privileg, ihre Geschichte zu hören, als sie nach Armenien kam, um an dem unter dem Motto „Lebende Zeugen des Genozids“ stehenden Zweiten Globalen Forum „Gegen das Verbrechen des Genozids“ teilzunehmen. In ihrer Rede sagte Nadia Murad: „Der Völkermord führte zum Verlust von Millionen von Armeniern, doch der Schmerz darüber besteht ein Jahrhundert später immer noch.“

Ich bin mir sicher, dass wir Jahrzehnte später zurückblicken werden, um mit dem gleichen Schmerz über den durch Daesh begangenen Genozid, seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sprechen. Dieser Kreislauf wird so lange andauern, bis die Menschheit eine Formel, einen Mechanismus findet, um solche abscheulichen Verbrechen zu verhindern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Frank SCHWABE, Deutschland, SOC
(Dok. 14402)

Vielen Dank, Herr Präsident!

An dieser Stelle möchte ich noch einmal sehr herzlich Herrn Omtzigt danken, der wegen der schwierigen Regierungsbildung in den Niederlanden heute nicht hier sein kann, jedoch von der neuen Vorsitzenden des Rechts- und Menschenrechtsausschusses wunderbar vertreten wurde.

Dies ist ein sehr wichtiger Bericht, in dem die verschiedenen Verbrechen von Daesh noch einmal deutlich gemacht wurden. Ich konnte mich leider im Nordirak einmal selbst von diesen Verbrechen überzeugen. Dabei traf ich auch jesidische Flüchtlinge, die über die Gräueltaten berichteten.

Es war auch wichtig, dass in der Debatte deutlich wurde, welche vielfältigen Gruppen unterschiedlicher Religion davon betroffen sind – neben Jesiden auch Christen und Muslime.

Vor ein paar Wochen war ich beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Dabei wurde mir deutlich, unter welchem Druck dieser Strafgerichtshof steht. Seine Gründung geht auf eine historische Phase zu Anfang der neunziger Jahre zurück. Heute wäre die Gründung eines solchen Gerichtshofs wahrscheinlich gar nicht mehr möglich. Deshalb ist es wichtig ihn zu stärken, gerade auch in der aktuellen Situation.

Dabei ist es wichtig, dass die internationalen Institutionen, die sich dem Schutz der Menschenrechte verschrieben haben – wir selbst, die Vereinten Nationen, aber auch andere – entsprechend zusammenarbeiten. Wir müssen verstehen, wie die Zusammenhänge sind und wie wir das internationale und damit auch das europäische Menschenrechtssystem schützen können. Das wurde in diesem Bericht und der dazu geführten Debatte deutlich.

Im Ausschuss bestand zu diesem Thema, auch bezüglich der Änderungsanträge, großes Einvernehmen. Am Ende wurde mit großer Geschlossenheit abgestimmt, denn wir möchten dieses Thema mit äußerster Entschlossenheit vorantreiben.

Eine solche Geschlossenheit wünsche ich mir im Namen des Ausschusses auch hier in dieser Versammlung.

Amendments zu Dok. 14402:

Susanne EBERLE-STRUB, Liechtenstein, ADLE / ALDE
(Dok. 14402, Amendment 11)

Vielen Dank, Herr Vorsitzender!

In Absprache mit den Unterzeichneten ziehe ich den Antrag zurück.

Susanne EBERLE-STRUB, Liechtenstein, ADLE / ALDE
(Dok. 14402, Amendment 12)

Vielen Dank,

auch diesen Antrag ziehe ich zurück.