AL18CR05

AS (2018) CR 05
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2018

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(1. Teil)

BERICHT

5. Sitzung

Mittwoch, 24. Januar 2018, 10.00 Uhr

Christoph WENAWESER, Liechtenstein ALDE / ADLE
(Dok. 14464, Dok. 14464 Add. und Dok. 14452)

Danke Frau Vorsitzende!

Zunächst möchte ich den Berichterstattern Jensen und Brasseur zu ihren Berichten und insbesondere zu den ausgewogenen Eingang-Statements beglückwünschen.

Diese geben Hoffnung auf eine mit Bedacht geführte Debatte, denn wir dürfen nicht vergessen, dass gerade auch unsere Organisation aufgrund von jüngeren Vorkommnissen in Sachen Governance im Glashaus sitzt und auch noch einige Hausaufgaben zu machen hat, mit denen die FIFA zum Teil bereits begonnen hat.

In der Folge möchte ich mich aber auf den Bericht der Kollegin Brasseur konzentrieren, der ganz offenkundig ein Höchstmaß an Wirkung erzielt hat.

Er löste bei der FIFA unübersehbar hektischen Aktivismus aus und mündete in einer von Generalsekretär Jagland und Präsident Infantino vor zwei Wochen gemeinsam bekundeten Absicht zur Zusammenarbeit zwischen Europarat und FIFA. In diesem Sinne gratuliere und danke ich Frau Brasseur aufrichtig für die geleistete Arbeit.

Der beschlossene Dialog als ein mögliches, vorweggenommenes Ergebnis der heutigen Debatte ist gut! Ich komme aber nicht umhin zu vermuten, dass die FIFA mit diesem Vorgehen die taktische Absicht hegte, der Debatte zumindest die Schärfe zu nehmen, die parlamentarische Versammlung des Europarates ins Offside zu stellen und den Bericht von Kollegin Brasseur zur Makulatur werden zu lassen, bevor dieser überhaupt zur Erörterung an relevanter Stelle kommt.

Nach der fragwürdigen Ausbootung von Cornel Borbély und Hans Joachim Eckert als Chefermittler der Ethikkommission im Mai letzten Jahres sagte Strafrechtsexperte Mark Pieth: „Die FIFA-Reform ist tot!“ Pieth selbst arbeitete von 2011 bis 2013 für die FIFA und stand am Anfang des damals eingeläuteten Reformprozesses. Borbély und Eckert hatten von 2015 bis zu ihrer Ausbootung 194 Voruntersuchungen durchgeführt und es wurden mehr als 70 Funktionäre verurteilt. Die Ausgebooteten selbst bezeichneten die Aufarbeitung von weiteren mehreren hundert Fällen als gefährdet und die FIFA-Reformen als um Jahre zurückgeworfen.

Der ebenfalls aussortierte Governance-Chef Miguel Maduro bezeichnete die FIFA unlängst als „ein System der Regeln ohne Gesetze“.

Die FIFA ist ein Weltkonzern, der nicht länger wie ein Verein nach dem Gusto der jeweiligen Verantwortlichen geführt werden kann. Die begrüßenswerte Absicht zur Zusammenarbeit mit dem Europarat muss mehr als ein Lippenbekenntnis sein. Insbesondere die FIFA selbst muss sich damit ernsthaft in die Pflicht nehmen. Diese parlamentarische Versammlung wird sehr genau darauf achten müssen, dass sich die FIFA den Europarat nicht einfach als Feigenblatt umhängt, um dahinter weiterhin „Business as usual“ zu betreiben!

Danke.

Thomas MÜLLER, Schweiz ALDE /ADLE
(Dok. 14464, Dok. 14464 Add. und Dok. 14452)

Gesetzte Kolleginnen und Kollegen!

Ich lege zuerst meine Beziehung zum Fußball offen:

Ich war Präsident des Fußballclubs St. Gallen, der zusammen mit Le Havre FC der älteste Fußballclub Kontinentaleuropas ist. Außerdem war ich als FIFA-Matchkommissar tätig. Es ist eine technische Aufgabe in Bezug auf die Durchsetzung der Spielregeln außerhalb des Spielfeldes.

Ich erlaube mir, zum Bericht der FIFA folgende Punkte aufzugreifen.

1. Die Zahl der Berichte des Europarates zur FIFA

Es liegt heute der 4. Bericht des Europarates zur FIFA vor und der 5. Bericht ist bereits im Auftrag. Die FIFA ist aber eine globale Sportorganisation. Daher sind die europäischen Auffassungen, insbesondere jene des Europarates sowie europäisches Recht nicht allein maßgebend. Die Auffassungen von supranationalen Organisationen in Afrika, Asien, Südamerika, Ozeanien etc. können in gleichem Maße Gültigkeit beanspruchen.

2. Qualitätsanforderungen an Berichte des Europarates

Die parlamentarische Versammlung kann einzig über den Resolutionsentwurf abstimmen. Der Text der Begründung bleibt unverändert. Das ist insbesondere im vorliegenden Fall störend, da im Begründungstext wirklich erhärtete Fakten weitgehend fehlen.

Es ist unbestritten, dass die FIFA auf Ebene des Exekutivkomitees ein echtes Korruptionsproblem hatte. Es wird der Problemstellung aber nicht gerecht, wenn der Begründungstext in weiten Teilen auf Mutmaßungen und tendenziöse Berichte abstellt. Die Worte „anscheinend“ und „ es scheint“ kommen mehrfach vor. Es stellt sich die Frage der Verlässlichkeit des Berichts, und erst recht, wenn man gleichzeitig den Jensen-Bericht liest.

In der Beurteilung der Governance im Anhang 1 zum Jensen-Bericht kommt die FIFA am besten weg, sie erhält in Bezug auf Governance sogar mehr Punkte als der Europarat.

Wie kann der Europarat unter diesen Umständen auf die Idee kommen, die FIFA quasi zu bevormunden und unter internationale Kontrolle zu stellen?

Dies ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Der Europarat selbst hatte ein Korruptionsproblem und brauchte einige Zeit, um Vertrauen  wieder herzustellen. Steht es vor diesem Hintergrund ausgerechnet uns an, andere Organisationen zu maßregeln?

Ich bin mit der Stoßrichtung einverstanden, von Sportverbänden Good Governance zu verlangen. Ich halte das Vorgehen von Generalsekretär Jagland aber für zielführender. Er hat die Veränderungen der FIFA anerkannt und gleichzeitig in Aussicht gestellt die weiteren Reformbemühungen zu unterstützen.

Mit der Resolution und dem Bericht zur FIFA kommen wir keinen Schritt weiter, weshalb ich ihn ablehnen werde. Dem Bericht Jensen werde ich aber zustimmen, da er eine gute Grundlage für weitere Dialoge ist.

Gabriela HEINRICH, Deutschland SOC
(Dok. 14464, Dok. 14464 Add., Dok. 14452)

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen!

Wir haben zwei ausgezeichnete Berichte vorliegen und es tut mir ein wenig Leid, dass auch ich wieder zum Bericht von Anne Brasseur reden werde, der insgesamt größere Beachtung gefunden hat. Es liegt aber auch daran, dass ich 2. Vorsitzende in einem Breitensportverein mit Schwerpunkt Fußball bin.

Unsere beste Mannschaft spielt in der Kreisklasse, das ist bei uns die dritte Liga von unten! Wir haben viele Jugendmannschaften und glauben an die positiven gesellschaftlichen Wirkungen dieses Mannschaftssports. Viele Mitglieder helfen mit und mit Anne Brasseurs Bericht kann ich im Verein jetzt noch tatsächlich erklären was wir hier beim Europarat tun.

Denn die meisten Mitglieder kennen sehr wohl die zugegebenen Korruptionsvorwürfe gegen die FIFA, die Diskussion um die Vergabe von Großereignissen und die Ausbeutung von Menschen beim Bau von Stadien. Darüber wissen all diese Fußballbegeisterten durchaus Bescheid, sind daher sauer und beurteilen die FIFA als „Selbstbedienungsladen“, gegen den man offensichtlich machtlos ist.

Wie gesagt, heute ist dies der 4. Bericht und ein 5. mag in Vorbereitung sein, aber was sagt uns das?

Anne Brasseur benennt die viel zu enge Verflechtung zwischen Sport, Politik und Geld. Das betrifft natürlich auch unsere nationalen Organisationen. Sie hat mit ihrem Bericht wohl einen Nerv getroffen, das haben wir bei meinem Vorredner gesehen. Denn der Bericht soll angeblich eine Einzelmeinung sein, die auf Vermutungen und Gerüchten basiert.

Ich höre aber aus dem Kulturausschuss, dass der Bericht auf jahrelanger Arbeit beruht, um Fakten zu finden, zu beschreiben und in dieser unendlichen Geschichte endlich voranzukommen.
Die FIFA schreibt uns, dass sie konstruktive Kritik sogar von solchen Stellen akzeptiere, deren Image durch ernsthafte Korruptionsfälle getrübt ist. Wir haben eine gute Nachricht für die FIFA: Die Kritik von Anne Brasseur ist besonders konstruktiv, weil sie ja gerade zu denen gehört, die sich massiv um die Aufklärung der Korruptionsvorwürfe in unserer eigenen Organisation bemüht. Sie sind bei ihr sozusagen in den besten Händen.

Der Bericht spricht über den Handlungsbedarf bei Regierungen, der FIFA, der UEFA und den nationalen Verbänden. Meines Erachtens haben wir, was durch viele Vorredner bestätigt wurde, einen hervorragenden Leitfaden erhalten.

Ich glaube es wäre für die vielen Fußballbegeisterten schön, wenn die FIFA und auch andere Sportverbände und Funktionäre weniger mit Konten auf Panama und mehr mit der Fußballbegeisterung und dem Wesen und Werten des Sports in Verbindung gebracht werden würden.

Dankeschön.

Doris BARNETT, Deutschland SOC
(Fragen an Herrn Serzh SARGSYAN, Präsident von Armenien)

Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident!

Gespräche mit Vertretern Ihres Landes aber auch Aserbaidschans haben mir gezeigt, wie sehr beide Seiten eigentlich die Lösung des über 26 Jahre andauernden Konfliktes wünschen. Die Vorschläge dazu, kein Paket sondern einzelne Schritte, liegen gar nicht weit auseinander. Wir als parlamentarische Versammlung setzen auf Dialog und Verständigung.

Können wir als parlamentarische Versammlung nicht Sie und den Präsidenten Aserbaidschans unterstützen, den Weg zu einer friedlichen Konfliktlösung einzuschlagen, die den Menschen weiteres Leid erspart und den Ländern eine gute gemeinsame Zukunft beschert?