AL18CR10

AS (2018) CR 10
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2018

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(2. Teil)

BERICHT

10. Sitzung

Montag, 23. April 2018, 11.30 Uhr

Andreas NICK Deutschland, EPP/CD
(Dok. 14529, Dok. 14529 Add. 1, Dok. 14529 Add. 2, Dok. 14533)

Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es steht außer Zweifel, dass die Vorwürfe gegen frühere und aktuelle Mitglieder unserer Versammlung eine ernste Krise des Europarates und dieser parlamentarischen Versammlung bedeuten. Sie sind auch eine Herausforderung für die Fraktionen und nationalen Delegationen, bei denen einzelne Mitglieder von diesen Vorwürfen betroffen sind.

Ich darf deshalb im Namen meiner Fraktion, aber auch meiner nationalen Delegation zunächst den Mitgliedern der Kommission sehr herzlich für ihre Arbeit danken. Sie haben einen wichtigen Beitrag geleistet, um für die weitere Arbeit unserer Versammlung Glaubwürdigkeit und Legitimation uneingeschränkt wiederherzustellen. Einen wichtigen Beitrag, denn: Dieses Ziel zu erreichen, das ist unsere Aufgabe, indem wir die notwendigen Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen dieses Berichtes ziehen - in Hinblick auf die Vergangenheit, aber auch in Hinblick auf die Organisation unserer Arbeit für die Zukunft.

Es ist mir wichtig, noch einmal festzuhalten, dass wir über zwei unterschiedliche Ebenen reden, die auch in der Zusammenfassung dieses Berichtes ganz konkret angesprochen worden sind. Zum einen deuten konkrete Einzelfälle darauf hin, dass es wirklich zu handfester Korruption bei einzelnen Mitgliedern dieses Hauses gekommen ist. Aber es gibt darüber hinaus den Hinweis auf – wie es im Bericht heißt – organisierte Strukturen und Netzwerke, die möglicherweise auch teils konspirativen Charakter haben, die weit über den eigentlichen Kern der Korruption hinausgehen und bei denen wir davon ausgehen müssen, dass sie auch nach wie vor vorhanden und aktiv sind.

Wie vom Präsidenten und der Berichterstatterinnen bereits angesprochen ist die daraus unmittelbare Schlussfolgerung, dass die durch die Ergebnisse belasteten Mitglieder oder jene, die sich geweigert haben, mit der Untersuchungskommission zusammenzuarbeiten, der Aufforderung des Präsidiums folgen und ihre Funktionen und Aktivitäten in der Versammlung bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe ruhen lassen.

Kurzfristig und sehr dringend sind zwei Dinge zu tun, die insbesondere fünf Kollegen betreffen. Diese haben einen Anspruch darauf, dass die gegen sie im Raum stehenden Vorwürfe so schnell wie möglich abschließend geklärt werden. Das ist meines Erachtens die erste Aufgabe, die in dieser Woche vom Regelausschuss zu leisten ist. Mit Blick in die Zukunft haben wir insbesondere zu klären, welche Regeln und Verfahren wir in unserer Zusammenarbeit –  auch in der Zusammenarbeit unserer Fraktionen – zu ändern haben, um das Risiko der Wiederholung derartiger Vorkommnisse zu reduzieren.

Abschließend möchte ich auch als Leiter der deutschen Delegation darauf hinweisen, dass kein Mitglied der aktuellen deutschen Delegation in den Schlussfolgerungen des Berichtes belastet oder in Zusammenhang mit den Vorwürfen des Verdachts auf strafbares oder unethisches Verhalten gebracht wird.

Soweit frühere Mitglieder der deutschen Delegation durch diesen Bericht belastet werden, die dieser Versammlung nicht mehr angehören, obliegt die weitere Prüfung insbesondere den nationalen Behörden, sowohl dem Deutschen Bundestag als auch den Justizbehörden.

Wir in diesem Hause sind insbesondere gefordert, eine politische Antwort auf diese Diskussion zu geben und die politische Kultur der Integrität auch in diesem Hause umfassend wiederherzustellen.

Herzlichen Dank!

Frank SCHWABE, Deutschland, SOC
(Dok. 14529, Dok. 14529 Add. 1, Dok. 14529 Add. 2, Dok. 14533)

Herr Präsident!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Diese Debatte ist nicht irgendeine Debatte, sondern eine, die die Grundfesten unserer Organisation tangiert. Wir haben Schwierigkeiten mit dieser Organisation in Zeiten wirklich gravierenderer Herausforderungen.

Es war ein Kampf, dieses Untersuchungsgremium einzusetzen: ein Kampf darum, dass es dieses Gremium gibt und ob es am Ende öffentlich berichten kann. Die Ergebnisse sowie Untersuchungen über auffällige Aktivitäten immer wieder rund um das Land Aserbaidschan liegen nun vor. Das geht aus dem sogenannten Strässer-Bericht, den Wahlbeobachtungen und der Bestellung von Rapporteuren für dieses Land und andere Länder hervor.

Es steht außer Frage, dass die Lage in Aserbaidschan schwierig ist und wir sie einzeln und unterschiedlich bewerten können. Es darf aber nicht sein und es ist ein Drama, dass Aserbaidschan dazu beigetragen hat, die Glaubwürdigkeit und die Bedeutung dieser Organisation in Frage zu stellen.

Deswegen ist es richtig, eine solch umfassende Aufklärung auf den Weg gebracht zu haben. Ich möchte den drei Mitgliedern dieses Ausschusses auch im Namen meiner Fraktion noch einmal recht herzlich für diesen hervorragenden und guten Bericht danken. Er ist sehr klar, er wurde ja nicht von Staatsanwälten erstellt, und enthält nachprüfbare Berichte. Aus dem executive summary geht deutlich hervor, dass das Untersuchungsgremium starke Verdachte festgestellt hat, dass bestimmte derzeitige und ehemalige Mitglieder der Versammlung korruptive Tätigkeiten ausgeübt haben. Das ist meines Erachtens klar genug.

Wenn man die 200 Seiten liest, erkennt man in diesem Vorgehen eine Systematik, was die von Organisationen, NGOs, der Europäischen Stabilitätsinitiative oder von Medien im Rahmen der Laundromat-Affäre erhobenen Vorwürfe leider bestätigt.

Wir reden über Abgeordnete aus Aserbaidschan und wir reden auch über Herrn Volontè, Herrn Agramunt und Herrn Preda, aktuelle und ehemalige Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, die entweder der Korruption bezichtigt werden oder eben nicht an der Aufklärung mitgewirkt haben.

Noch einmal im Klartext: Wir reden über den amtierenden Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei. Es gibt wirklich eine Reihe von guten und wertgeschätzten Kolleginnen und Kollegen in der Europäischen Volkspartei, aber der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei hat nicht umgesetzt, was die Partei selbst in einer Presseerklärung im letzten Jahr gefordert hat: die volle Mitwirkung!

Man kann auf Seite 160 nachlesen, dass Herr Preda sechsmal auf sechs Einschreiben nicht geantwortet hat und dafür fadenscheinige Erklärungen abgibt.

Es geht darum, dass die fünf benannten Personen ihre Ämter ruhenlassen. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir unterschiedliche Qualitäten in den Anschuldigungen haben. Es gibt einen Kollegen, Herrn Schennach, der hier auch benannt wird, aber wegen etwas ganz anderem. Ihm werden zu starke Beziehungen zu den NGOs, zur Zivilgesellschaft und zu politischen Gefangenen vorgeworfen. Das ist eine ganz andere Dimension und das muss in den nächsten Tagen im Rahmen der Aufklärung durch den Regelausschuss deutlich gemacht werden.

Wichtig für uns ist, diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen und in den nächsten Wochen und Monaten alle notwendigen Konsequenzen und Schlussfolgerungen daraus ziehen.