AL18CR32

AS (2018) CR 32
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2018

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(4. Teil)

BERICHT

32. Sitzung

Mittwoch, 10. Oktober 2018, 10.00 Uhr

Doris FIALA, Schweiz, ALDE / ADLE
(Dok. 14617, Berichterstatterin)

(Anfang in englischer Sprache)

Die Zahl der Muslime in Europa wächst. In der Schweiz beispielsweise hat sich die Zahl der muslimischen Bevölkerung innerhalb von 20 Jahren auf über 400.000 muslimische Gläubige mehr als verzehnfacht. Der Ruf nach Integration ist berechtigt und in diesem Zusammenhang muss auch der Kampf gegen Islamophobie geführt werden.

Gegenseitiges Verständnis, Respekt und Vertrauen in einem Land der Religionsfreiheiten fördert den inneren Frieden und den erfolgreichen Kampf gegen Radikalisierung, um die es mir in meinem Bericht geht.

Die Länge und die umfassende sorgfältige Recherche zeigen Ihnen bereits, wie anspruchsvoll es für uns alle ist, dem Islam und seiner Funktionsweise vorurteilslos gerecht zu werden.

Viele von uns sind an das Modell der sogenannten Rechtskirche gewöhnt. Rechtskirche bedeutet, dass der Staat, beispielsweise in der Schweiz, bei den Katholiken die Kirchensteuer einzieht. Der Islam ist nicht als solches zu fassen. Er ist viel mehr als Religion zu begreifen, bei welcher die Zugehörigkeit auf dem Bekenntnis des Einzelnen gründet, dass er irgendwo und irgendwann ablegen kann. Österreich, zum Beispiel, kennt und hat ein Modell, für das ich eintrete und das gerühmt wird von den Österreichern aber auch in weiten Kreisen innerhalb des Großraums Europa.

Ich habe daher Österreich und auch England besucht und umfassende hearings durchgeführt. Ich habe im Weiteren die folgenden sieben Mitgliedsstaaten befragt, indem ich eine umfassende Liste mit Fragen zugestellt habe: Deutschland, Belgien, Bulgarien, Vereinigtes Königreich, Frankreich, die Schweiz und die Türkei. Umfassende Antworten haben uns daraufhin erreicht. Nur Bulgarien war ein bisschen zu spät als dass diese hätten Einzug in meinen Bericht finden können.

Bei meiner Ankunft am 10.9. in Paris anlässlich der gemeinsamen Sitzung, der einige von Ihnen beigewohnt haben, konnte man lesen, dass die Online-Debatte über den Islam in Frankreich, laut einer neuen Studie, von Islamisten beeinflusst werde, so der Autor Hakim El Karoui. Er fordert daher, dass gemäßigte Muslime sich mehr engagieren. Der ausschlaggebende Faktor solle dabei Vernunft, und nicht Angst sein. Darum bitte ich Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich danke unseren Experten Despina Chatzivassiliou und Alexis Salanson aller herzlichst für ihre sehr sorgfältige Begleitung dieser kritischen Arbeit.

Dieser Bericht folgt einem Entwurf für den Bericht, angeschlossen von einem einleitenden Memorandum, einer Anhörung mit dem Präsidenten der französischen Islam-Stiftung und zwei Informationsreisen – eine nach Wien, die andere nach London.

Der Zweck dieses Berichts ist es zu sehen, inwieweit die ausländische Finanzierung des Islams in Europa transparent ist. Wenn sie nicht transparent genug ist, in welchem Ausmaß kann dieser Mangel an Transparenz wirklich dazu führen, dass das Bild der Radikalisierung wächst? Und wenn dieser Anteil klein aber bestehend ist, wie kann man, als Teil der Finanzierung des Islams, vermeiden, dass ein Amalgam mit allen muslimischen Gemeinschaften entsteht, und dass sich keine islamophoben Ansichten entwickeln?

Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen ist, dass die Fragen, die die ausländischen Finanzierungen des Islams betreffen, über die Vielfalt der Beziehungen zwischen Staat und Religion sowie in der Organisation des muslimischen Glaubens herausschauend, trotz der Abwesenheit von globalen und aggregierten Statistiken, nicht geleugnet werden können.

Diese Realität betrifft den Missbrauch von Religion durch bestimmte Staaten als Mittel zur Einflussnahme in einem fremden Land, was in Zukunft problematisch werden könnte. Die Versammlung hat bereits vor acht Jahren in ihrer Entschließung 1743 (2010) „Islam, Islamismus und Islamophobie in Europa“ erwähnt.

Im Hinblick auf die verschiedenen Arten von Maßnahmen, die von einigen Mitgliedstaaten zur Regulierung der ausländischen Finanzierung des Islam ergriffen werden, mache ich Empfehlungen zur ausländischen Finanzierung, um eine nationale politische Expansion unter dem Mantel des Islams in andere Staaten zu verhindern und alle Versuche, eine Parallelgesellschaft in den Mitgliedsstaaten zu schaffen, abzulehnen.

All dies muss in voller Übereinstimmung mit den Prinzipien des Europarats erreicht werden. Ich erinnere meine Kollegen daran, dass ein generelles Verbot jeglicher ausländischer Finanzierung in einer demokratischen Gesellschaft, gemäß der Venedig-Kommission, wohl unangemessen und nicht notwendig ist.

Deshalb sollten wir uns auf die zunehmende Transparenz konzentrieren und die britischen Maßnahmen dazu sind ein gutes und inspirierendes Beispiel dafür.

Wenn drastischere Maßnahmen ergriffen werden sollen, müssen alle Religionen gleichberechtigt behandelt werden und die muslimische Gemeinschaft darf keinem allgemeinen Verdacht ausgesetzt werden, der letztlich zu Islamophobie führen könnte. Die Frage der ausländischen Finanzierung darf nicht instrumentalisiert werden. Unter diesen Maßnahmen ist die Ausbildung der Imame in den Staaten, in denen sie leben, von besonderem Interesse und wird in vielen Ländern jetzt auch diskutiert, wenn auch kontrovers.

Zu guter Letzt sollten wir uns der Ergebnisse von zwei europäischen Studien zur Integration von muslimischen Gemeinschaften in Europa, die in Absatz 10 erwähnt werden, bewusst sein und entsprechend handeln, um Islamophobie zu verhindern.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Reife und Offenheit, dass wir überhaupt über einen solchen Bericht und über Religionsfragen in diesem Plenum diskutieren dürfen.

Besten Dank.

Sitzungspräsidentin

Vielen Dank Frau Berichterstatterin!
Sie werden noch über 5 bis 10 Minuten Zeit am Ende der Debatte verfügen.

Roland Rino BÜCHEL, Schweiz, ADLE / ALDE
(Dok. 14617)

Geschätzte Frau Präsidentin!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Es steht außer Frage, dass der Islam in Europa von außerhalb finanziert wird. Es ist gut, dass wir mit diesem Bericht hier und heute zur Kenntnis nehmen, dass dem so ist.

Selbstverständlich beunruhigt das zahlreiche Menschen in vielen unserer 47 Mitgliedsstaaten. Was denn sonst?

Weil dem so ist, müssen wir jedoch aufpassen, dass in den Mitgliedstaaten kein weit verbreitetes Misstrauen gegen die ausländische Finanzierung von allem und jedem entsteht. Kreieren wir keine unnötigen Bürokratiemonster! Selbstverständlich gibt es internationale Geldflüsse.

Es geht um die Bekämpfung des Radikalen. Das kommt im Bericht durchaus zur Geltung. Es geht um die Finanzierung von dem, was am Ende direkt oder indirekt zu Terrorismus führen kann. Ich will in meinem Land weder einen islamischen Nationalismus noch Radikalismus irgendeiner Art. Wollen Sie das in Ihren Ländern? Ich glaube nicht.

Schon vor acht Jahren stellte dieser Rat in einem Bericht fest, dass – ich zitiere – „einige in Mitgliedstaaten aktive islamische Organisationen von ausländischen Regierungen initiiert wurden und von diesen sowohl finanzielle Unterstützung als auch politische Richtlinien erhalten.“

Das war vor acht Jahren. Was ist seither geschehen? Wir kommen nicht mehr nach mit dem Zählen der Opfer der Attentate von komplett durchgedrehten islamistischen Irrläufern.

Was wurde in diesem Haus im Jahr 2010 gefordert? Erstens, dass die nationale politische Ausbreitung unter dem Deckmantel des Islams ans Licht gebracht werden sollte. Zweitens, dass die Mitgliedstaaten von islamischen Religionsvereinen Transparenz und Rechenschaftspflicht fordern sollten.

Das Kind wurde beim Namen genannt. Ich gratuliere den damaligen Mitgliedern dieses Rats. Sie sahen klar. Haben sie die unglaubliche Entwicklung schon vorausgesehen? Haben sie das Verhalten, das Morden der Extremisten schon vorausgeahnt? Es waren keine Buddhisten, es waren keine Christen und es waren auch keine Atheisten.

Ich bin erfreut, dass der tunesische Außenminister gestern hier in diesem Saal klar sagte, dass er illegal in Europa anwesende Staatsbürger zurücknehmen werde. Wenn es gestern also nicht nur schöne Worte gewesen sind, dann war es ein wichtiger Beitrag für das Zusammenleben von kulturell vielfältigen Gesellschaften in unseren Ländern Europa.

Wenn nicht, dann wird das Misstrauen in der Bevölkerung in unseren Ländern tagtäglich noch größer. Das sollten wir nicht fördern.

Als Gesetzgeber haben wir es alle in unseren Ländern in der Hand, dem entgegenzuwirken. Reden wir also nicht nur hier, handeln wir in unseren nationalen Parlamenten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dok. 14617)

Danke sehr Frau Präsidentin!

Danke für diesen Bericht. In Paragraph 7 steht, so denke ich, in diesem Bericht etwas sehr Wichtiges: Alle Religionen sind gleich zu behandeln.

Insofern gehört der Islam auch zu Europa und die muslimischen Gemeinschaften sind nicht unter einen Generalverdacht zu stellen. Daher begrüße ich die Worte unseres türkischen Delegationsleiters, der einen Punkt klargestellt hat: Nichts und nirgendwo im Koran wird irgendeine Form von Terrorismus, Gewalt usw. gerechtfertigt. Das sind Irrläufer.

Wenn wir über ausländische Finanzierungen sprechen, müssen wir sehen, dass es eine unglaublich aggressive Finanzierung evangelikaler christlicher Freikirchen auf verschiedenen Kontinenten gibt. Wenn wir von Transparenzvorschriften für Kirchen sprechen, höre ich jetzt schon die Proteste der katholischen Kirche.

Wir müssen auch in der Diskussion vorsichtig sein, damit diese nicht in Richtung Generalverdacht gegen den Islam geht. Aber – und jetzt richte ich mich an unseren Kollegen Kiliç –, wenn staatliche Imame keinerlei Verständnis für die demokratische Grundlage einer modernen Gesellschaft haben, wenn sie Dinge predigen, die sich gegen die Werte in einem Staat richten, um die sich dieser bemüht, wie die Gleichstellung von Mann und Frau, Aufklärung und demokratische Grundwerte, dann haben wir ein massives Problem.

Deshalb haben wird die Finanzierung von Imamen auch unterbunden, die von anderen Staaten geschickt werden. Was wir machen müssen, und ich glaube den einzigen Lehrstuhl dazu gibt es in Deutschland, ist es die Ausbildung der Imame im Sinne der Gesellschaft, in der sie in ihrer Religion tätig werden, zu fördern. Denn das größte Gift ist, wenn Imame die Integration unterlaufen, um die wir uns zu bemühen haben und wo wir vielfach gescheitert sind, gerade bei der dritten Generation.

Ich teile voll eine frühere Wortmeldung – ich glaube des Kollegen aus Frankreich –, in der gesagt wurde, dass die Moscheen nicht mehr so wichtig seien, da heute alles über das Internet läuft. Das ist eine Sache, aber die andere Sache ist, dass wir Partnerschaften benötigen, denn das größte Gift – das beschreibt auch der Bericht und ich bin hundertprozentig davon überzeugt –  ist die Herausbildung von Parallelgesellschaften. Diese sind das Gift in einer Gemeinschaft und in einem Staat.

Asche auch auf unser Haupt! Der Islam hat eine Aufklärungsphase nicht durchlebt, auch die katholische Kirche befand sich einst in der finsteren Zeit des Mittelalters. Natürlich, wenn wir heute Richtung Westbalkan blicken, wo mit Geld aus Saudi-Arabien und Bahrain finanzierte Moscheen entstehen, fragt man sich, warum es diese Finanzierung gibt.

Insofern werde ich dem Bericht meine Zustimmung geben.

Vielen Dank.

Susanne EBERLE-STRUB, Liechtenstein, ALDE / ADLE
(Frage an Marija Pejčinović Burić, stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für auswärtige und europäische Angelegenheiten Kroatiens, Vorsitzende des Ministerkomitees des Europarats)

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ein Schwerpunkt des kroatischen Vorsitzes im Ministerkomitee ist die Bekämpfung von Korruption, was von der hochrangigen, von Ihnen erwähnten Konferenz in Šibenik untermauert wird.

Wir beurteilen Sie als Vorsitzende des Ministerkomitees die Aufarbeitung der Korruptionsvorwürfe an die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung? In welchen Bereichen sehen Sie weiteren Handlungsbedarf und wie sollen solche Fälle in Zukunft vermieden werden können?

Besten Dank.