AL18CR33

AS (2018) CR 33
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2018

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(4. Teil)

BERICHT

33. Sitzung

Mittwoch, 10. Oktober 2018, 15.30 Uhr

Ulrich OEHME, Deutschland, NR / NI
(Debatte über die Zukunft des Europarats)

Frau Präsidentin!

Liebe Kollegen!

In seiner 70-jährigen Geschichte hat der Europarat viele Höhepunkte und Krisen erlebt. Bei jeder Krise hat der Rat aber Auswege und Lösungen gefunden. Ich will die vorhandenen Spannungen und die Gefahr von weiterem politischen Druck durch den einen oder anderen Staat nicht ausblenden.

Aber ich hoffe, dass der Europarat es schafft die gegenwärtige ernste Lage zu meistern. Ich möchte Ihnen einige Gedanken zur Zukunft des Europarates vortragen.

Ich würde mir wünschen, dass der Bericht, der in Vorbereitung ist, auch die Notwendigkeit erwähnt, den nationalen Delegationen bei der Versammlung des Europarates einen offiziellen Status mit gewissen Rechten zu geben, z. B. das Recht von Ausschüssen der nationalen Parlamente konsultiert zu werden.

Die Zeit ist jetzt wirklich reif, um Lösungen dafür zu finden, dass alle Mitgliedsstaaten konstruktiv in allen Gremien des Europarates mitarbeiten, aber auch ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Organisation erfüllen. Die gestrige Debatte über die Credentials hätte ein wichtiger Schritt in die gewünschte Richtung bedeuten können. Ohne Russland kann es keine Sicherheit auf dem alten Kontinent geben und keine gemeinsame europäische Perspektive.

Auch wird nach dem Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU das Verhältnis dieses Landes zum Europarat und zur OSZE auf dem Prüfstand stehen. Der Europarat und die OSZE sind in einer Zeit ganz anderer politischer Umstände entstanden als heute herrschen. Der Europarat sollte nicht damit leben, dass seine Statuten die Zeit und die Lage von 1949 bis 1951 reflektieren und die seither entscheidenden Änderungen der europäischen Architektur und Fortschritte des internationalen Parlamentarismus völlig ignorieren.

Es ist daher verständlich und konsequent, dass der russische Präsident Putin für ein neues Helsinki-Abkommen eintritt. Wenn wir von seinem Beitrag für die demokratische Stabilität absehen, hat der Europarat kein politisches Projekt mehr. In der Vergangenheit war es eine besonders wichtige Rolle für den Europarat, die erste Aufnahmestruktur und ein Stabilisierungsinstrument für europäische Länder anzubieten, die noch außerhalb der Institutionen in Brüssel und Straßburg standen.

Aber seit 2007 ist kein neues Land mehr in den Europarat beigetreten, wenn wir vom Sonderstatus des Kosovo absehen. Dazu kommt noch, dass jeder Erweiterung der EU und jeder Kompetenzzuwachs für Brüssel unmittelbare Auswirkungen auf den Europarat hat und seine Legitimität schwächt.

Was wird im Europarat passieren, wenn die EU Staaten die Zweidrittelmehrheit in den wichtigen Gremien des Rates, insbesondere den Ministerkomitee haben?

Wenn nichts passiert, drohen dem Rat folgende Gefahren:

Vielen Dank.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Doc. 14619)

Dankeschön Frau Vorsitzende!

Herzlichen Dank an den Berichterstatter für diesen Bericht, der zeigt, dass wir in diesem Bereich Aktionen und insbesondere institutionelle Zusammenarbeit zwischen UN, Europarat und OSZE benötigen.

Wir haben und entsenden Berichterstatter in Länder, die vielfach unter sogenannten frozen conflicts leiden. Das heißt, Berichterstatter können nur in jenen Teilen des Landes beobachten und Gespräche führen, zu denen sie Zutritt haben.

Aus diesem Grund haben wir vor drei Jahren das Subkomitee „Conflicts between memberstates“ gegründet, um auch mit sogenannten De-facto-Behörden ins Gespräch zu kommen, was uns z. B. mit Transnistrien gelungen ist.

Natürlich besteht ein großer Bedarf in Gebiete wie die Krim zu kommen, auch hier gibt es einen Vorstoß, den wir in diesem Subkomitee vorbereitet und im Monitoring-Komitee beschlossen haben. Dasselbe betrifft Abchasien, Südossetien und den Zugang zu Nagorno-Karabach. Über all diese Dinge diskutieren wir, aber wir sind in unseren Möglichkeiten etwas eingeschränkt.

Daher war es wichtig, die Empfehlung dem Ministerrat zu übermitteln, damit sich dieser damit auseinandersetzt, insbesondere in Bereichen wie Menschenrechte, Zugang zur Überwachung und zu Gefängnissen, um einen Stand dessen zu bekommen, wie es um Rechtsstaatlichkeit in Gebieten – der Berichterstatter nennt sie „Grauzonen“ – zu denen wir keinen Zugang haben, steht.

Drei Institutionen – die UN, der Europarat und die OSZE – könnten gemeinsam an einem Strang ziehen. Es ist notwendig, solche Grauzonen zu betreten und die De-Facto-Behörden spüren zu lassen, dass es hier eine internationale Überwachung, insbesondere was die Menschenrechtslage in den sogenannten Grauzonen oder Konfliktzonen betrifft, existiert.

Insofern ist das ein ausgezeichneter Vorstoß und ich hoffe, dass möglichst viele heute ihre Zustimmung der Resolution und der Empfehlung geben.

Dank nochmals dem Berichterstatter.

Günter VOGT,  Liechtenstein, ADLE / ALDE
(Doc. 14619)

Danke Frau Vorsitzende!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Danke Herr Schwabe für diesen Bericht!

Die Existenz von Gebieten, zu denen Menschenrechtsgremien des Europarats oder der UNO keinen Zugang haben, ist unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention: Darin haben sich alle Mitgliedsstaaten des Europarats dazu bekannt, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die darin garantierten Rechte auch zuzustehen.

Monitoringgremien müssen die Möglichkeit haben, sich einen Überblick über die Einhaltung dieser Rechte im gesamten Gebiet von Europaratsstaaten zu verschaffen. Eine Verweigerung eines Mitgliedsstaates ist inakzeptabel.

Dabei ist klar, dass Besuche von Monitoringgremien mit den Behörden vor Ort abgestimmt werden müssen, unabhängig von der Anerkennung der Jurisdiktion über umstrittene Gebiete. Daraus ist kein rechtlicher Anspruch oder gar eine Anerkennung der Zugehörigkeit eines Gebiets zu einer Konfliktpartei abzuleiten.

Es ist begrüßenswert, wenn Wege gesucht werden, um die Zusammenarbeit des Europarats mit der UNO im Menschenrechtsbereich weiter auszubauen, insbesondere in Hinblick auf die Existenz solcher sogenannter grauer Zonen.

Aus Sicht von Kleinstaaten ist es außerdem zu begrüßen, wenn Monitoringgremien von Europarat, OSZE und UNO mit ähnlichen Mandaten eng zusammenarbeiten und vorhandene Informationen auch gemeinsam nutzen.

Die Berichterstattung im Rahmen internationaler Menschenrechtsabkommen bedeutet vor allem für kleine Administrationen einen sehr hohen Aufwand. Liechtenstein appelliert hier zur Nutzung von Synergien, die nicht nur aufseiten der Staaten, sondern auch bei den internationalen Organisationen selbst hohes Potenzial für die Einsparung von Ressourcen haben.

Besten Dank.

Frank SCHWABE, Deutschland, SOC
(Doc. 14619, Antwort des Berichterstatters)

(Anfang in englischer Sprache)

Vielen Dank. Ich rede auf Deutsch weiter.

Vielen Dank an alle, die sich hier so konstruktiv in die Debatte eingebracht haben.

Ich will konkret auf drei Fragen eingehen und dann noch einmal zwei grundsätzliche Bemerkungen machen.

Zu den konkreten Fragen:

Frau Sotnyk hat das Thema OSZE angesprochen. Ja, auch die OSZE hat ähnliche Schwierigkeiten wie sie der Europarat und die Vereinten Nationen haben und auch für die OSZE gilt vieles von dem, was wir hier diskutieren.

Herr Overbeek hat die Frage angesprochen, wie es eigentlich mit den Personen vor Ort ist, die bei den Missionen Unterstützung leisten. Wir haben Informationen erhalten, dass bei den bisherigen Missionen des Europarats noch keine Sicherheitsprobleme aufgetreten sind, aber natürlich gehört das mit dazu. Es steht ja auch geschrieben, dass wir alle Rahmenbedingungen benötigen, um solche Missionen zu ermöglichen und dazu gehört natürlich auch die Sicherheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und lokalen Akteuren.

Herr Yeneroğlu hat das Thema Südosttürkei angesprochen. Wir haben die Berichte übernommen, die der UN-Menschenrechtskommissar gegeben hat und dieser kritisiert eben, dass es keinen ausreichenden Zugang seiner Institution zu diesem Teil des Landes gegeben hat. Ich könnte mir vorstellen, dass dies damit zusammenhängt, dass wir eben volle Kooperation einfordern und keine Art von Beschränkung bei solchen Missionen akzeptieren.

Jetzt noch zu den ganz grundsätzlichen Fragen. Ich wollte eigentlich nicht noch einmal auf einzelne Territorien besonders eingehen, aber viele Kolleginnen aus Aserbaidschan akzeptieren den Kern des Antrags nicht und insofern verstehe ich auch, dass sie am Ende nicht zustimmen, weil es eben genau nicht darum geht.

Ich verweise noch einmal auf den Paragraph 3. Es geht darum, dass „activities of human rights monitoring bodies with respect to territories under the control of de facto authorities, […], do not constitute and should not be presented as recognition of those authorities’ legitimacy under international law.”

Es geht genau um die Frage, wer den Zugang gewähren soll und das steht in diesem Paragraphen: die De-Facto und die De-Jure-Behörden und die entsprechenden Drittstaaten, um die geht es.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal eine Lanze für den UN-Menschenrechtskommissar brechen, dem vorgeworfen wurde, dass er beeinflusst sei. Das Interessante daran ist, dass der UN-Menschenrechtskommissar aus allen Ländern kritisiert wird, und zwar aus Lagern und Ländern, die miteinander verfeindet sind. Das macht deutlich, dass es ihm darum geht, die Menschenrechte zu achten und Zugang zu bekommen. Das ist, worin wir ihn unterstützen sollten im UN-Mechanismus und worauf wir uns als diejenigen, die die Werte des Europarats entsprechend hoch halten, konzentrieren sollten.